Obama bremst die Schnüffler
Überwachung. Die Speicherung von Daten inneramerikanischer Telefonate soll nicht mehr Sache der Geheimdienste sein. Kritiker nennen die Korrektur halbherzig.
WASHINGTON (SN-spa). Das Weiße Haus hat einen Gesetzesentwurf vorbereitet, der dem Geheimdienst die umstrittene Speicherung der Verbindungsdaten inneramerikanischer Gespräche aus der Hand nimmt. Stattdessen sollen die Telefongesellschaften verpflichtet werden, auf richterliche Anordnung Informationen über verdächtige Anschlüsse zeitnah zur Verfügung zu stellen. Das betrifft sowohl Gesprächsdaten aus der Vergangenheit als auch die aktive Überwachung von Leitungen.
Anders als die „National Security Agency“(NSA) müssten die Kommunikationsunternehmen die Daten nur bis zu achtzehnMonate lang auf Vorrat legen. Die NSA speicherte die Informationen fünf Jahre. Darüber hinaus dürften die Analysten künftig nur noch die Daten von Personen anfordern, die zwei Beziehungsgrade („hops“) weit von der Verdächtigen entfernt sind. Bisher konnten die Geheimdienstler den Kreis der Überwachten auf drei „hops“ausweiten.
Eine Modellrechnung zeigt, wie sich diese Einschränkung auswirkt. Ausgehend von durchschnittlich 190 direkten Kontakten, die eine Person hat, wäre die NSA-Ausspähung künftig auf 8170 Kontakte der Kontakte beschränkt statt auf 1.334.978 Personen, die zum Kreis der Kontakte dritten Grades zählen.
Der Entwurf Obamas ist einer überparteilichen Initiative im Repräsentantenhaus verblüffend ähnlich. Dort wollten am Dienstag der Vorsitzende des Geheimdienste-Ausschusses und designierte NSA-Chef Mike Rogers und der Demokrat Dutch Ruppersberger ihre Vorschläge einbringen. Im Unterschied zur Initiative des Weißen Hauses müsste der Geheimdienst keine ausdrückliche richterliche Genehmigung für die Datenabfrage bei den Telefongesellschaften anfordern, sondern könnte diese selbst veranlassen.
„Dieses Gesetz versucht das Vertrauen der Bürger wiederherzustellen“, erklärte Ruppersberger, in dessen Wahlbezirk die NSA-Zentrale liegt. Gleichzeitig könne der Geheimdienst damit leben, der die Vorschläge der Ge- setzgeber „geprüft“habe. Ähnlich äußerte sich der Republikaner Rogers, der zu den vehementen Verteidigern des Spähdienstes gehört: „Die Fähigkeit, mit Terroristen zusammenhängende Telefonverbindungen schnell zu prüfen, bleibt entscheidend.“
Kritiker der Überwachung der Metadaten durch die NSA begrüßten die Vorstöße, bleiben aber skeptisch. Die Reformen „setzen Grenzen, beenden aber nicht die massenhafte Sammlung“, erklärte der Republikaner James Sensenbrenner.
Jameel Jaffer von der Bürgerrechtsorganisation ACLU hält das Programm insgesamt für überflüssig. In der Vergangenheit habe die Regierung nicht zeigen können, wie damit Anschläge verhindert werden könnten. Terroristen ließen sich auch anders verfolgen als dadurch, dass „Millionen Menschen unter permanente Überwachung“gestellt würden.
Anfang des Jahres hatte USPräsident Obama Reformen bei der National Security Agency versprochen. Bis zum Inkrafttreten von Reformen sollen die alten Regeln weiter gelten. Das Weiße Haus beantragte deshalb eine Verlängerung der Massenüberwachung durch die NSA um 90 Tage.