Samstags im Baumarkt, das war einmal
Heimwerker. Selbermachen und Gärtnern sind die großen Trends. Doch die Baumarktbranche kann das nicht für sich nützen. Denn die Kunden kaufen oft woanders ein.
SALZBURG (SN). Seit Jahren dümpelt die heimische Baumarktbranche vor sich hin. Die Umsätze steigen kaum oder gehen zurück. Wie dramatisch die Entwicklung ist, zeigt eine Kennzahl: Im Jahr 2008 lagen die Quadratmeterumsätze laut dem Handelsberater RegioPlan in Österreich noch bei durchschnittlich 2000 Euro, 2012 nur mehr bei 1600 Euro. Dazu kommt, dass der österreichische Markt mit rund 1,6 Millionen Quadratmetern Verkaufsfläche in Baumärkten gesättigt ist.
Neun Baumarktketten teilen sich den österreichischen Heimwerkermarkt auf, wobei nur fünf Marktteilnehmer – bauMax, Lagerhaus, Obi, Bauhaus und Hornbach – 90 Prozent des Marktes beanspruchen. In Deutschland raffte die Krise der Branche im vergangenen Jahr die Ketten Praktiker und Max Bahr dahin.
Die Österreicher haben seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise groß in ihre eigenen vier Wände investiert. Daher sind hier keine weiteren großen Zuwächse zu erwarten. Die neuen Branchenzahlen für die österreichischen Bau- und Heimwerkermärkte für das Vorjahr ergeben einen nominalen Umsatzrückgang von 1,6 Prozent. Laut dem Handelsverband Heimwerken, Bauen und Garten für Deutschland, Österreich und die Schweiz lag der Gesamtumsatz in Österreich zuletzt bei 2,24 Mrd. Euro brutto.
Als wäre das alles nicht genug, kommen für jene, die sich in Ostund Südosteuropa engagiert haben, weitere Probleme dazu. In diesen Ländern wäre zwar mehr Bedarf nach Bohrmaschinen und Baumaterial vorhanden, nur die Menschen haben infolge der wirtschaftlichen Turbulenzen zu wenig Geld, um groß in den Bau oder die Renovierung von Haus und Hof zu investieren.
Weil sich der österreichische Marktführer bauMax mit seinem starken Engagement in den Ländern Ost- und Südosteuropas sowie der Türkei einem Klumpenrisiko ausgesetzt hat, ringt er nun ums Überleben. Der Chef des Gläubigerschutzverbands Creditreform, Gerhard Weinhofer, sagt, die Chance, dass bauMax als solches erhalten bleibe, sei „größer als 50 Prozent“. Das klingt nicht besonders zuversichtlich.
Für Hanna Bomba-Wilhelmi, Geschäftsführerin von RegioPlan, stellt sich nicht die Frage, ob es zu viele Marktteilnehmer gibt, sondern, ob sie richtig positioniert sind und die richtigen Handelsformate haben. „Es gibt einenWertewandel in der Gesellschaft, und die Werte heißen ,schnell‘ und ,viel‘. Das bedient der Onlinehandel. Das müssen die Unternehmen ernst nehmen, weil das keine Blase ist. Diese Entwicklung prägt den Konsumenten, der wiederum prägt den Handel und die Verkaufsflächen.“Wenn es aber eine Verlagerung von der Fläche ins Internet gibt, „müssen sich die Baumärkte fragen, wie verändere ich die großen Betriebstypen?“. Dazu passt der Spruch der Branche: „Die meisten Bohrmaschinen werden heute bei Amazon gekauft.“
Doch Internet und Osteuropa sind derzeit nicht für alle ein Fluch. Die 3e-Gruppe etwa, eine Vereinigung von Fachhändlern mit einem Gruppenumsatz von 523 Mill. Euro, hat 2013 eine über- durchschnittlich positive Entwicklung in Ungarn, Bosnien, Serbien und Kroatien gehabt. 3e-Vorstandschef Günther Pacher sagt, seine Betriebe hätten davon profitiert, dass Marktbereinigungen stattfänden. Denn verschiedene Ketten wie Bricostore oder Obi würden sich vom Balkan zurückziehen. Dazu komme, dass in den Ländern sehr viele Einzelbetriebe vom Markt verschwinden. „Unsere Mitglieder bekommen zu einem Gutteil diese zurückgelassenen Umsätze“, erklärt Pacher.
Bei bauMax geht das große Rechnen weiter. Für mehrere osteuropäische Länder werden derzeit „unterschiedliche Analysen erstellt“, sagte Firmensprecherin Monika Voglgruber am Dienstag zur Frage nach möglichen Teilinsolvenzen einzelner Auslandstöchter. Die Basis dafür sei weiter der 2012 mit den Banken ausverhandelte Sanierungsplan, in dem es bereits verschiedene Szenarien gegeben habe. In den nächsten ein bis zweiMonaten werde entschieden, ob und aus welchen Märkten sich bauMax zurückziehe. Als besondere Problemfälle gelten, wie berichtet, die Türkei und Rumänien. Allein in diesen beiden Ländern waren 2012 rund 40 Mill. Euro Verlust aufgelaufen. In der Türkei ist die Baumarktkette erst seit 2010 vertreten. Die starke Abwertung der Türkischen Lira seit dem Vorjahr habe zusätzliche Probleme gebracht, heißt es.
In Tschechien als größter Auslandsmarkt (24 Märkte) sowie der Slowakei (14 Standorte) und Ungarn (15 Filialen) werde bauMax sicher präsent bleiben, betonte Voglgruber. Das Geschäft in Österreich sei stets positiv gewesen und „das Jahr 2014 hat deutlich besser begonnen als 2013“. Die Zahlen für das Geschäftsjahr 2013 liegen noch nicht vor. Der lange Winter und das Schlechtwetter bis zum Sommer hatten im Vorjahr das Gartengeschäft getroffen.
Intern gebe es ein straffes Kostenmanagement und es werde an den Abläufen sowie am Sortiment gearbeitet, um insgesamt kundenfreundlicher zu werden, betont die Baumarktkette. Ab Anfang April wird sich bauMax als Marke neu präsentieren. Die Firma verabschiedet sich nach Jahrzehnten von dem griffigen Slogan „Großer Wert – kleiner Preis“. Das Maskottchen – ein Handwerker mit Schnurrbart in roter Latzhose, gelbem T-Shirt und mit gelbem Kapperl – soll aber bleiben.
Um einer Verunsicherung der Kunden entgegenzuwirken, sah sich der niederösterreichische Fertighaushersteller Elk aus Schrems am Dienstag zu einer Klarstellung veranlasst. Firmenchef Erich Weichselbaum versi- cherte: „Jedes bestellte bauMaxHaus wird ordnungsgemäß von uns geliefert. Für unsere Kunden bestehen keine Risiken.“Die beiden Unternehmen kooperieren seit 2008. Seit damals produziert Elk in Kooperation mit bauMax das sogenannte bauMax-Haus. Im Vorjahr seien 115 solcher Häuser verkauft worden, seit Beginn der Zusammenarbeit rund 450. bauMax ist für Elk Werbepartner sowie Kooperationspartner beim Material für den Innenausbau.
RegioPlan-Geschäftsführerin Bomba-Wilhelmi sagt: „Wenn bauMax die Frage nach seiner strategischen Positionierung beantworten kann und sagt, mit welchem Konzept es die Kunden in fünf Jahren erreichen will, dann ist jedes Geld sinnvoll, das man reinpumpt, um die Firma zu retten.“Siehe auch Kultur, Seite 7