Reparatur statt Reform bei Grunderwerbssteuer
Einheitswert. Im letzten Moment reagiert die Regierung auf Kritik der Verfassungsrichter. Was sich beim Erben und Schenken ändert.
WIEN, SALZBURG (SN). Das Vererben und Verschenken von Grundstücken und Gebäuden innerhalb der Familie bleibt in Österreich steuerbegünstigt. Künftig gilt das auch für Verkäufe von Immobilien innerhalb der Familie. Die Grunderwerbssteuer ist dann nicht mehr vom wesentlich höheren Verkehrswert zu bezahlen, sondern vom dreifachen Einheitswert – also wie bei Erbschaft oder Schenkung. Dafür wird Vererben oder Schenken an Dritte teurer, weil hier künftig der Verkehrswert einer Immobilie gilt und nicht mehr der dreifache Einheitswert.
Der Steuersatz soll bei nahen Verwandten ( bis hin zu Nichten und Neffen) zwei Prozent betragen, sonst 3,5 Prozent. Die Änderung des Grunderwerbssteuergesetzes musste die Regierung nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) machen.
Das Höchstgericht hatte Ende 2012 festgestellt, dass es verfassungswidrig ist, wenn ein Immobilienverkauf innerhalb der Verwandtschaft steuerlich nach dem Verkehrswert zu Buche schlägt, während Schenkungen oder Erbschaften dank der seit Jahrzehnten unveränderten Einheitswerte wesentlich günstiger kommen. Knapp vor Auslaufen der Frist zur Reparatur Ende Mai schaffte die Koalition noch eine Einigung, damit sich der Gesetzgebungsprozess noch ausgehen kann.
Die Gefahr, dass ab Juni bei jeder innerfamiliären Grundstückstransaktion ein Sachverständiger den Verkehrswert ermitteln muss und Steuern bis zum Dreifachen der bisherigen Größenordnungen fällig werden, ist damit gebannt.
spiegeln den Verkehrswert nur selten.
Dafür hat die Regierung eine Neufeststellung der Einheitswerte, die der VfGH wiederholt gefordert hatte, auf die lange Bank geschoben. „Wenn der Gesetzgeber eine Aktualisierung der an sich unbedenklichen Einheitswerte über Jahrzehnte unterlässt bzw. verhindert, dann löst er damit Verwerfungen und Unstimmigkeiten im Steuersystem aus, die nicht mehr gerechtfertigt werden können“, hatte der VfGH festgestellt.
Vor allem Gemeindebund und Städtebund fordern hier seit Langem eine Reform. Denn die Grunderwerbssteuer ist zwar eine Bundesabgabe, sie kommt zu 96 Prozent aber den Gemeinden zugute. Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer plädiert für ein möglichst einfaches Modell, um zu vermeiden, dass viele Gutachter gebraucht würden. Derzeit müsse die Finanz streng genommen jeden Bauakt ansehen. In Oberösterreich gebe es hier 20.000 unerledigte Fälle. Thomas Weninger, Generalsekretär des Städtebundes: „Ohne Reform der Einheitswerte ist das ein Weiterwursteln wie bisher.“
Dabei wurden im Finanzministerium bereits sehr wohl Pläne für „eine vereinfachte Ermittlung des Grundstückswertes“gewälzt, wie es in einem Entwurf vom Februar heißt. Es sollte neben dem Einheitswert ein Vervielfältigungsfaktor (für jede Gemeinde extra festgelegt) herangezogen werden und für Gebäude ein Baukostenfaktor, der jeweils für ein ganzes Bundesland gelten sollte. Daran gibt es harsche Kritik. Lukas Wolff, Obmann des Haus- und Grundbesitzerverbandes Salzburg mit rund 3000 Mitgliedern: „Ein Baukostenfaktor von netto etwa 1500 Euro pro Quadratmeter für Salzburg geht an der Realität vorbei. Unter 2000 Euro ist geförderter Mietwohnungsbau kaum zu machen.“Die Baukosten im Lungau und im Zentralraum Salzburg seien auch nicht gleich.
Pro Jahr zahlen die Österreicher rund 800 Mill. Euro Grunderwerbssteuer, davon kommen laut Finanzministerium nur 30 Millionen aus Übertragungen in der Familie. Die Neuregelung soll aufkommensneutral sein. Pro Jahr wechseln knapp 200.000 Immobilien den Besitzer, davon ein Drittel auf Basis der Einheitswerte.