Wie gefährlich sind Schönheitsideale?
Aussehen. Models und Barbiepuppen vermitteln falsche Vorstellungen vom Körper. Die „Real-life-Barbie “soll zum neuen Vorbild werden.
SALZBURG (SN). Groß, dünn, unrealistisch – so sieht die klassische Barbie aus. Die Puppe hat alles andere als reale Körpermaße. Als Mensch könnte sie nicht überleben, fandenMediziner heraus.
Doch es geht auch anders. Das beweist der US-Künstler Nickolay Lamm mit einem Gegenversuch. Im Sommer 2013 hat er eine Barbie mit Proportionen einer durchschnittlichen 19-jährigen USAmerikanerin kreiert und damit ein deutlich realistischeres Bild geschaffen.
„Lammily“ist um einiges kleiner, hat größere Brüste, Po, Hände und Füße und einen schlanken Bauch – ohne unrealistischerWespentaille. Unter dem Motto „average is beautiful“(deutsch: Durchschnitt ist schön) soll sie zeigen, wie schön „normal“aussehen kann. Nun soll die „Real-Life-Barbie“in den Kinderzimmern landen. Nachdem trotz Aufruf an Spielzeughersteller Mattel, der seit über 50 Jahren die Barbiepuppe produziert, niemand an Lamm herangetreten ist, möchte der USKünstler selbst aktiv werden: Seit Anfang März dieses Jahres werden per Crowdfunding-Finanzierung die Kosten für die erste Produktionsreihe gesammelt.
ImNovember 2014 soll die erste „Lammily“-Puppe auf den Markt kommen. Zu kaufen wird sie jedoch nicht im Einzelhandel sein, sondern nur über das Internet. In den USA wird eine Puppe 25 Dollar kosten, für den Versand nach Österreich kommen nochmals 13 Dollar hinzu. Philipp Ikrath vom Institut für Jugendkulturforschung hält das für „eine nette Geste“: „Die Idee ist gut, ich bezweifle aber, dass sich so eine Puppe wird durchsetzen können. Ganz einfach, weil sie nicht dem marktgängigen Ideal entspricht.“
Ein weiteres „Idealbild“, das vor allem viele junge Mädchen prägt: die Castingshow „Germany’s next Topmodel“. Vielfach kritisiert, läuft derzeit die bereits neunte Staffel im Fernsehen.
Diese Sendungen gäben ungesunde Ideale vor, die als erstrebenswert gezeigt würden, sagt Ikrath. „Für Kinder und Jugendliche ist das fatal. Es wird vermittelt, dass man gut aussehen und schlank sein muss um Erfolg zu haben.“Das könne bis hin zu Essstörungen führen. Auch würden die Sendungen falsche Werte propagieren und prägen. Ellenbogenmentalität, Egoismus und Rücksichtslosigkeit würden etwa als Erfolgsrezepte gezeigt. Einer aktuellen Untersuchung zufolge glaubt die Mehrheit der Jugendlichen, schöne Menschen hätten im Leben mehr Erfolg.
Ganz falsch ist dieser Gedanke nicht: Mit dem Aussehen werden gewisse Eigenschaften verbunden. Dicke, ungepflegteMenschen würden oft als unverlässlich eingeschätzt, während schönen Menschen bessere Charaktereigenschaften wie Leistungsfähigkeit oder Disziplin zugeschrieben würden, sagt Ikrath. „Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Selbstpräsentation so wichtig geworden ist, wie sie es noch nie zuvor war.“Deshalb würden Abweichungen auch immer weniger toleriert – mentale wie auch körperliche.
Gegen den gesellschaftlichen Wandel könne man wenig tun, sagt Christine Schmid, Psychologieprofessorin an der Universität Salzburg. „Eltern sollten mit ihren Kindern über das Thema wahre Schönheit und die Bedeutung innerer Werte sprechen.“Schönheitsidealen zu entkommen sei aufgrund der Werbung und des Fernsehens schwierig. Schmid rät davon ab, Jugendliche Sendungen wie Topmodel-Shows anschauen zu lassen. Es wäre Aufgabe des Fernsehens, solche Sendungen aus dem Programm zu nehmen.
Die Realität sieht jedoch anders aus: Im Herbst geht das österreichische Pendant zur deutschen TV-Show, „Austria’s next Topmodel“, in die sechste Staffel. Das Motto lautet „Boys & Girls“. Nun können Burschen erstmals an der Castingshow teilnehmen.
Schönheitsideale haben auch bei ihnen in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. „Burschen möchten stark und muskulös sein. Auch Körperenthaarung ist etwas sehr Gängiges geworden“, sagt Ikrath. „Daran sieht man, dass die Burschen inzwischen dem gleichen Druck ausgeliefert sind wie Mädchen.“