Salzburger Nachrichten

Alle Plätze voll: Frauenhäus­er müssen Opfer wegschicke­n

Gewalt. Immer öfter kommen Schutz suchende Frauen und Kinder nicht im Frauenhaus unter. Schuld an der prekären Lage sind auch die hohen Mieten.

- SYLVIA WÖRGETTER

SALZBURG-STADT, HALLEIN, SAALFELDEN (SN). Drei Frauenhäus­er gibt es im Land Salzburg. Und alle drei müssen immer öfter Frauen abweisen, die sich und teilweise auch ihre Kinder vor gewalttäti­gen Partnern in Sicherheit bringen wollen.

Besonders dramatisch ist die Lage in der Landeshaup­tstadt: „Wir haben in den ersten zweieinhal­b Monaten dieses Jahres schon 53 Frauen wegschicke­n müssen. Das sind mehr als im ganzen Jahr zuvor“, sagt die Leiterin Birgit Thaler-Haag.

Derzeit warten in der Landeshaup­tstadt drei Frauen auf einen Platz im Frauenhaus. Im Frauenhaus in Saalfelden sind es ebenso viele. Und auch das Haus Mirjam in Hallein klagt darüber, Frauen in Notlagen wegschicke­n zu müssen. Dessen Leiterin Doris Weissenber­ger berichtet: „Wir haben heuer 30 Frauen abweisen müssen. Voriges Jahr waren es acht.“

Ein wesentlich­er Grund, warum die Frauenhäus­er Schutz Suchende wegschicke­n müssen, liegt in den hohen Wohnungspr­eisen in Stadt und Land Salzburg. Wer es einmal bis ins Frauenhaus geschafft hat, muss dort oft weit länger bleiben als geplant. Die Frauen finden keineWohnu­ng, die sie sich leisten können. So blockieren sie notgedrung­en den Platz im Frauenhaus.

Die Beraterinn­en und Sozialarbe­iterinnen helfen bei der Wohnungssu­che. Aber: „Es dauert durchschni­ttlich neun bis zwölf Monate, bis wir eine Wohnung finden“, erzählt Thaler-Haag vom Salzburger Frauenhaus. Im Pinzgau führt die Suche nur unwesentli­ch schneller zum Erfolg. Sie dauert im Schnitt ein halbes bis zu einem Dreivierte­ljahr.

Das wirkt sich auf die durchschni­ttliche Verweildau­er im Frauenhaus aus: Diese liegt bei drei bis vier Monaten. 75 bis 80 Prozent der Frauen bleiben sogar länger als sechs Monate, wie die Zahlen aus der Landeshaup­tstadt zeigen.

Was geschieht mit den Frauen, die abgewiesen werden? „Das wichtigste Problem ist zunächst die Sicherheit“, sagt Thaler-Haag. In dieser Hinsicht würden sie auch beraten. Wenn möglich, schlüpften die Frauen bei Freunden oder Verwandten unter. Fallweise werde auch die Polizei eingeschal­tet, um die gewalttäti­gen Männer von der gemeinsame­nWohnung wegzuweise­n. „Manche Frauen bleiben aber auch in der Gewaltsitu­ation und halten aus, bis wir einen freien Platz haben“, erzählt Thaler-Haag.

Theoretisc­h gibt es zwei Lösungen für das Problem: Mehr günstige Wohnungen oder mehr Frauenhaus­plätze. Beides wird es nicht so schnell geben.

Internatio­nal gehe man davon aus, dass es pro 50.000 Einwohner einen Frauenhaus­platz geben müsse, sagt die zuständige Landesräti­n Martina Berthold (Grüne). „Da sind wir mit 32 Plätzen im Bundesland gut unterwegs.“Und: Sie habe Einsparung­en bei den Frauenhäus­ern bisher verhindern können.

Die Leiterinne­n der Frauenhäus­er klagen dennoch über Engpässe. „Heuer kommen wir gerade noch über die Runden“, sagt Thaler-Haag. „Aber wenn es nächstes Jahr nicht mehr Geld gibt, wüsste ich nicht, wo ich etwas einsparen könnte.“Man habe bereits in den vergangene­n Jahren kontinuier­lich Posten abbauen müssen. „Wir machen uns Sorgen über den Weiterbest­and.“Auch Weissenber­ger berichtet, dass das Geld in Hallein bald nicht mehr reiche. Die Landesräti­n beruhigt: „Aus meiner Sicht ist kein Frauenhaus gefährdet, obwohl ich weiß, dass die Situation nicht leicht ist.“

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