Die Herren Vogerl und ihre Feinde
Das Schönste am frühen Frühling ist der Vogelgesang. Zum fröhlichen Aufstehen amMorgen gibt es kein besseres Mittel als einen Amselmann, der vor dem Fenster sitzt und trällert.
Bekanntlich sind es ja (Dschända, vergib!) vor allem die Herren Vogerl, die für den lieblichen Gesang sorgen. Er dient dazu, die Damen zu beeindrucken und das Revier zu markieren, um Konkurrenten abzuhalten.
Ganz ähnlich soll das übrigens bei den Zikaden sein, was den antiken Komödiendichter Xenarchos (Dchända, vergib ihm!) bereits vor 2500 Jahren zu dem Reim inspiriert haben soll: „Glücklich leben die Zikaden, denn sie haben stummeWeiber.“
Aber zurück zu den Vogerln. Ihr niedliches Gezwitscher hat also im Kern etwas Kriegerisches, gegen einen Feind Gerichtetes an sich. Man kann sich zwei gegeneinander ansingende Amsel- oder Meisenherren durchaus so vorstellen wieWladimir Putin und Barack Obama, die um die Krim streiten. Im Prinzip ist da kein Unterschied.
Wobei sie (die Vogerl) eine großeModulationsfähigkeit besitzen und viele verschiedene Strophen auf Lager haben. Ja, sie sind (was bei Politikern praktisch nie vorkommt) sogar bereit, von ihren Artgenossen zu lernen und deren Gstanzerl nachzuahmen.
Politikern würde es hingegen als eminente Schwäche ausgelegt, kämen sie auf die Idee, plötzlich das Lied ihres Gegenübers zu singen. Nein, jeder singt sein eigenes, und zwar immer das Gleiche. Spindoktoren nennen das auf Neudeutsch „Messitsch-Disziplin“.
Apropos Neudeutsch: Familienministerin Sophie Karmasin (die in der ÖVP offensichtlich fürs Moderne zuständig ist) lud die Medien neulich anlässlich einer Sitzung zu einem „Doorstep mit Statements“ein. Ja, Sie haben richtig gehört: „Doorstep mit Statements“.
Karmasin hätte natürlich auch einfach zu „Wortkrümelchen zwischen Tür und Angel“einladen können. Aber das klingt viel zu altbacken. Was ist das, bitte, gegen einen hippen „Doorstep mit Statements“? Kuckuck, Kuckuck.
Wieder zurück zu den Vogerln. Wenn die Bäume ihr Laub bekommen, sind sie kaum noch zu sehen und nur noch am Gesang zu identifizieren. Als Hilfe dazu gibt es Vogelstimmen-CDs.
Bei Politikern ist das anders. Man nehme nur die Debatte über die Reform des Bundesrats: Jeder darf einmal sagen, dass er für eine Reform des Bundesrats ist. Tschilp. In einer zweiten Runde darf jeder sagen, dass er jetzt wirklich für eine Reform des Bundesrats ist. Tschilp-Tschilp. Damit ist das Thema abgehakt und die Politik schreitet zur nächsten Nicht-Reform.
Das ist keine sehr hilfreiche Politikerstimmen-CD, zum Kuckuck. Ihre Meinung? salzburg.com/purgertorium