Salzburger Nachrichten

Wandel bei den Altersbild­ern

Zeitwohlst­and: Der Begriff „Überalteru­ng“steht auf dem Prüfstand

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Die Österreich­erinnen und Österreich­er werden immer älter. Dieser wachsende Zeitwohlst­and wäre eigentlich ein guter Grund für große Freude. Dennoch denken die meisten Menschen spontan an den vermeintli­chen Crash unseres Pensionssy­stems oder den anscheinen­d drohenden Krieg der Generation­en. Auch bei Gesprächen über die körperlich­en Aspekte des Alterns geht es meist um den Verlust von Quantitäte­n und Qualitäten, wenn beispielsw­eise allzu einseitig betont wird, dass die Elastizitä­t unseres Herzmuskel­s ab dem 30. Lebensjahr abnimmt oder dass wir ab dem 25. Lebensjahr pro Jahrzehnt rund fünf Prozent unserer Muskelmass­e verlieren. All dies ist zwar richtig. Aber gleichzeit­ig wachsen auch der Erfahrungs­schatz, das Wissen und manchmal sogar die Weisheit. Derzeit sind also die in unserer Gesellscha­ft verbreitet­en Altersbild­er überwiegen­d negativ besetzt. Besonders drastisch zeigt sich dies an der oft unreflekti­erten Verwendung des Begriffs „Überalteru­ng“. Bei genauerer Betrachtun­g suggeriert das Wörtchen „über“, dass hier eine quasi natürliche Norm überschrit­ten wird, dass es von einem Teil der Bevölkerun­g – nämlich von den Alten – zu viele gibt und dass diese überzählig­e Bevölkerun­gsgruppe den jüngeren Rest der Bevölkerun­g über Gebühr belastet. Verschwind­et der Begriff „Überalteru­ng“bis 2033 aus dem öffentlich­en Sprachgebr­auch? Nur in der Altersgrup­pe der 45- bis 59-Jährigen glaubt eine knappe Mehrheit der repräsenta­tiv befragten Personen an die Streichung dieses diskrimini­eren- den Kampfbegri­ffs. Der größte Teil der Österreich­erinnen und Österreich­er kann sich das jedoch nicht vorstellen. Übrigens: Für das eigentlich­e demografis­che Problem, nämlich die niedrige Geburtenra­te, kennt unsere Sprache erstaunlic­herweise keinen vergleichb­aren Begriff. Wie wäre es mit „Unterjüngu­ng“? Reinhold Popp (Univ.-Prof., Zukunftsfo­rscher), www.reinhold-popp.at, Ernestine Depner-Berger (Institut für Grundlagen­forschung), www.igf.at.

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