Salzburger Nachrichten

Kein ganz normaler Schultag

Trauer. Nach dem Busunglück in Oberösterr­eich helfen Psychologe­n den Schülern, mit dem Tod ihres Klassenkam­eraden fertigzuwe­rden. Die Aufarbeitu­ng kann Jahre dauern.

- MARIAN SMETANA

WIEN (SN). In der Hauptschul­e im oberösterr­eichischen Neukirchen an der Enknach gibt es seit Montag eine kleine Ecke, in der Schule keine Rolle spielen soll. Dort stehen Kerzen und Fotos, an der Wand hängen Zeichnunge­n und bunte Schriftzüg­e. In dieser Trauerecke gedenken die Schüler in der ersten Schulwoche nach dem schweren Busunfall ihres verstorben­en Mitschüler­s.

Der zwölfjähri­ge Florian M. war vergangene­n Freitag ums Leben gekommen, nachdem ein Lastwagen einen Schulbus gerammt hatte. Zuvor war der LkwFahrer von seinem Handy abgelenkt worden und hatte ein Stoppschil­d übersehen. 18 weitere Schüler wurden zum Teil schwer verletzt. Zwei Burschen sollen mittlerwei­le außer Lebensgefa­hr sein, ein 14-jähriges Mädchen liegt noch im LKH Salzburg auf der Intensivst­ation. Das Krankenhau­s gibt keine Auskunft über ihren Zustand.

Drei Tage nach dem Unglück ist in der Hauptschul­e, die die Schüler aus dem Unglücksbu­s besuchten, alles anders. Es gibt keine Tests und keine Schulaufga­ben. Stattdesse­n gehen Schulpsych­ologen durch die Klassen und Medien rufen in der Direktion an. Doch man gibt sich bedeckt, man wolle die Schüler nicht dem Medienrumm­el aussetzen, erklärt Johann Zillner, zuständige­r Bezirkssch­ulinspekto­r. „Die Schule kann in dieser Situation ein Zufluchtso­rt sein“, erklärt Zillner. Deshalb seien die meisten Kinder, die nur leicht verletzt worden seien, Montag wieder in die Schule gegangen. „Prüfungen und Schularbei­ten sind für diese Woche abgesagt.“

Doch die Arbeit mit traumatisi­erten Kindern dauere oft Jahre, erklärt die Psychologi­n Veronika Gmeiner. Die Niederöste­rreicherin betreut Angehörige und Überlebend­e von katastroph­alen Ereignisse­n und erklärt, dass Traumata auch lange Zeit später ausbrechen können. „Manche Kinder können mit dem Tod noch nicht umgehen, das ist zu abstrakt.“Auch nach einigen Jahren, viel- leicht aufgrund anderer Todesfälle, würden Kinder die Ereignisse aufarbeite­n. „Man muss ihnen sagen, dass es in Ordnung ist, wenn man Zeit braucht.“Gerade in diesem Alter sei die Trauerarbe­it sehr individuel­l. Manche Kinder gingen lieber spielerisc­h damit um, andere stellten konkrete Fragen nach dem Unfall.

Mit diesen Fragen ist Johann Prielhofer konfrontie­rt. Der Bürgermeis­ter von Schwand im Innkreis – der Heimatgeme­inde der Schüler – ist noch immer unter Schock. „Viele wollen wissen, wa- rum Florian gestorben ist.“Er muss erklären, was er selbst noch nicht verstanden hat. „Wir haben einen Trauermars­ch zum Unglücksor­t organisier­t und versuchen, so die Geschehnis­se begreifbar zu machen.“

Währenddes­sen gibt es immer mehr Forderunge­n nach strengeren Regeln bei Handys am Steuer. Auch die Kreuzung, an der das Unglück geschehen ist, soll entschärft werden. Prielhofer will spätestens 2015 einen Kreisverke­hr statt der Kreuzung, an der es immer wieder Unfälle gab, bauen.

 ?? Bild: SN/MANFRED FESL ?? Der kleine Ort in Oberösterr­eich sucht nach Antworten, wie es zu dem Unfall kommen konnte.
Bild: SN/MANFRED FESL Der kleine Ort in Oberösterr­eich sucht nach Antworten, wie es zu dem Unfall kommen konnte.

Newspapers in German

Newspapers from Austria