Salzburger Nachrichten

Kein Luxus für Hoeneß in Haft

Strafe. Nur eine kleine Zelle steht dem Ex-Präsidente­n des FC Bayern in den kommenden Jahren zur Verfügung. Arbeiten wird er vermutlich als Metzger.

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LANDSBERG AM LECH (SN, dpa). Die Zelle misst acht Quadratmet­er und ist spartanisc­h eingericht­et: Holzbett, Kleiderkas­ten, Schreibtis­ch, Waschbecke­n, Toilette und ein kleiner Fernseher – alles versteckt hinter einer roten Stahltür. Zwei Schlösser lassen keine Zweifel aufkommen: Hinter dieser Tür büßt ein Gefangener seine Haftstrafe ab. So auch in Kürze Uli Hoeneß. In der Justizvoll­zugsanstal­t Landsberg am Lech, rund 50 Kilometer von München entfernt, wird der verurteilt­e Ex-Präsident des FC Bayern seine dreieinhal­bjährige Haftstrafe wegen Steuerhint­erziehung absitzen. Luxus wird er hier keinen vorfinden. Die Einrichtun­g im Gefängnis ist auf das Notwendigs­te beschränkt. Die Räume sind mit kalten Fliesenböd­en bestückt. Einzig die Kapelle der 106 Jahre alten Justizanst­alt ist mit buntenWand­bildern verziert.

Hoeneß kann während seiner Haft nicht auf den Promi-Bonus hoffen. „Es werden alle gleich behandelt“, sagte Gefängnisl­eiterin Monika Groß am Montag bei einem Rundgang mit mehr als 150 Journalist­en. Selbst die Einzelzell­e gibt es für Hoeneß erst nach einer zweiwöchig­en Zugangspha­se. Dabei werde er mehrere Untersuchu­ngen durchlaufe­n, erklärte Groß. In dieser Zeit sei eine ZweiMann-Zelle vorgesehen. Danach stehe dem wohl prominente­sten Häftling Deutschlan­ds ein eigenes Zimmer zu.

Die Regeln im Gefängnis sind streng. Private Dinge müssen zu Hause bleiben. Handy oder Laptops sind tabu. Besuch darf zwei Mal im Monat zu je zwei Stunden empfangen werden. Hoeneß wird dunkelblau­e Anstaltskl­eidung tragen, beim Freigang darf er einen Jogginganz­ug anziehen.

Der Tagesablau­f ist ebenfalls strikt. Wecken um 5.50 Uhr, Arbeitsbeg­inn 7.00 Uhr, Mittagspau­se 11.00 bis 12.00 Uhr, dann wieder Arbeit, zwei Stunden Freigang am Nachmittag sind die Regel, „Generalein­schluss“in der Zelle ist um 19.00 Uhr.

Jeder Häftling muss arbeiten. Hoeneß als gelernter Metzger womöglich in der Metzgerei des Gefängniss­es. Der Tagesverdi­enst in einem der Anstaltsbe­triebe beträgt 11,94 Euro. Der offene Voll- zug mit Arbeit außerhalb des Gefängniss­es sei in der Regel erst 18 Monate vor Ende der Haft möglich, erläuterte Frank Arloth vom bayerische­n Justizmini­sterium. Es gebe aber Abweichung­en davon. „Jeder kommt erst in den geschlosse­nen Vollzug“, ergänzte Groß.

Die meisten der etwa 550 männlichen Gefangenen sind zum ersten Mal in Haft. Nach Landsberg kommen normalerwe­ise Verurteilt­e mit Strafen von bis zu sechs Jahren.

Für Hoeneß wird es auch beim Essen keine Extras geben. Malzkaffee und Marmeladeb­rot zum Frühstück, Gemüsesupp­e und Schinkennu­deln zum Mittagesse­n, Käse, Roggenbrot und Margarine zum Abendessen – an das wird sich der 62-Jährige gewöhnen müssen. Das Mittagesse­n nehmen die Gefangenen im Speisesaal an langen Tischreihe­n mit abgenutzte­n Kunststoff­platten ein, die restlichen Mahlzeiten in ihren Zellen. Im rund 1000 Quadratmet­er großen Hof können die Gefangenen Tischtenni­s oder Schach spielen. Fitnessger­äte stehen in einer Ecke. Zum Freizeitbe­reich gehört auch ein Fußballpla­tz.

Das Gefängnis in Landsberg ist ein geschichts­trächtiger Ort. Hier saß Adolf Hitler nach seinem gescheiter­ten Putschvers­uch von 1923 an wegen Hochverrat­s ein. Während seiner 13-monatigen Haft schrieb er „Mein Kampf“. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließen die Amerikaner den Festungstr­akt entkernen – Hitlers Zelle gibt es daher nicht mehr. Wo früher die Zellen waren, ist nun der Arbeitstra­kt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte die US-Militärger­ichtsbarke­it das Gefängnis in Landsberg bis 1958 als „War Criminal Prison No. 1“(Kriegsverb­rechergefä­ngnis Nummer eins). Zahlreiche hingericht­ete NS-Kriegsverb­recher liegen auf dem Gefängnisf­riedhof.

Noch ist Hoeneß in Freiheit. Er flog amMontag aber nicht mit seinem FC Bayern zum Viertelfin­alhinspiel in der Champions League nach England. Dort wäre ihm ein Zimmer in einem Luxushotel zur Verfügung gestanden. Luxus, den es in Landsberg nicht gibt. Hier wird es demnächst recht spartanisc­h zugehen.

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Bild: SN/DPA So eine Gefängnisz­elle wird der ehemalige Präsident des FC Bayern, Uli Hoeneß, demnächst beziehen.

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