Salzburg, deine Bettler
Dunkelgrauen Vögeln gleichend, sammeln sie sich allabendlich in kleinen Gruppen am Salzachufer und an den beiden Brückenköpfen des Müllner Stegs. Wie diese ihr zerzaustes Gefieder, so streichen jene ihre Kleidung glatt, beginnen einander emotionsreich zu berichten, lachen zuweilen und holen sich aus den mitgebrachten Plastiktüten vom nahe gelegenen Supermarkt etwas Brot und Käse. Ihr Tagwerk ist für heute beendet und – sie sind sichtlich froh darüber. Da löst eine Frau sich aus der Gruppe, geht mit einem warmen Lächeln auf den über die Brücke kommenden Mann zu. Der streckt ihr seine Hand entgegen – einige wenigeMünzen liegen drinnen. Das Lächeln der Frau erlischt, ihre Lippen verdecken nun wieder den silbrig glänzenden Zahn, der kurz sichtbar gewesen ist. Enttäuscht nimmt sie die Münzen aus der Hand des (ihres?) gleichmütig blickenden Mannes.
Geht man täglich an ihnen vorbei, beginnt das Grüßen. Erst ein leichtes Nicken mit dem Kopf, später dann ein Lächeln, dann und wann ein paar deutscheWorte. Ich habe nicht das Gefühl, dass man es mir übel nimmt, wenn ich selten etwas gebe. Das Geben ist das eine, das andere aber ist das Begegnen auf Augenhöhe, von Mensch zuMensch, finde ich.
Manch einer von den Jungen besucht einen Kurs und erzählt von seiner Frau und den Kindern zu Hause, in dem Land, das ihn und all die anderen nicht ausreichend ernähren kann. Auch seine Brüder sind hier in Salzburg. Und am Freitag fährt er heim. Er wird wohl wiederkommen, denn: „Salzburg ist gut“, findet er. Ursula Schwarzbeck, 5020 Salzburg