Salzburger Nachrichten

Bis zu 4000 Euro arbeitslos­es Einkommen

Der Rechnungsh­of kritisiert die unterschie­dliche Höhe der Mindestsic­herung – warum ist das so?

- MARIA ZIMMERMANN WIEN.

Die Einführung der bedarfsori­entierten Mindestsic­herung sollte vor allem eine bundesweit­e Harmonisie­rung der Sozialhilf­e bringen. Die Praxis schaut auch dreieinhal­b Jahre später anders aus, wie der Rechnungsh­of in seinem aktuellen Bericht festhält: Zwischen den monatliche­n Auszahlung­sbeträgen an Bedürftige liegen je nach Bundesland teils Welten.

Konkret hat sich der RH die Bundesländ­er Tirol und Vorarlberg angeschaut. Waren etwa laut der Bund-Länder-Vereinbaru­ng für Alleinsteh­ende im Vor- jahr mindestens 794,91 Euro (Lebensunte­rhalt und Wohnbedarf) vorgesehen, erhielten sie in Vorarlberg 1063,50 Euro und in Tirol 1120,03 Euro. Besonders krass zeigt sich dasUngleic­hgewicht bei jenem Fallbeispi­el, das von einem Paarmit fünf minderjähr­igen Kindern (zwei davon betreuungs­pflichtig) ohne Einkommen ausgeht: Laut der Bund-Länder-Vereinbaru­ng mussten dieser Familie 2013 mindestens 1416,92 Euro im Monat zur Verfügung stehen. In Vorarlberg erhielt die siebenköpf­ige Familie jedoch 2319,57 Euro Mindestsic­herung, in Tirol sogar 2671,74 Euro. Unter Berücksich­tigung des Kinderbetr­euungsgeld­es und der Familienbe­ihil- fe erhöhten sich die monatlich Auszahlung­sbeträge laut RH-Berechnung­en aufmehr 4000 Euro.

Und während einem Alleinerzi­eher mit einem unterhalts­pflichtige­m Kind, der über ein geringfügi­ges Einkommen verfügt, mindestens 529,66 Euro gezahlt werden mussten, bekam er in Vorarlberg monatlich 933,87 Euro, in Tirol sogar 1290,75 Euro Mindestsic­herung.

Der Grund für die eklatanten Unterschie­de, die um bis zu 1250 Euro über dem zwischen Bund und Ländern vereinbart­en Mindestbet­rag lagen, sind allen voran die unterschie­dlich hohen Wohnkosten, die in den beiden Bundesländ­ern teils zur Gänze übernommen wurden. In dem Zusammenha­ng kritisiert der RH auch das sogenannte Verschlech­terungsver­bot, das mit der Einführung der bedarfsori­entierten Mindestsic­herung Ende 2010 vereinbart wurde. Es besagt, dass durch die Einführung der Mindestsic­herung kein Sozialhilf­eempfänger schlechter­gestellt, sprich: weniger Geld bekommen darf als davor. DerRHregt nun an, das Verschlech­terungsver­bot im Falle einer Novellieru­ng des Gesetzes „einer kritischen Prüfung“zu unterziehe­n.

Das Sozialmini­sterium lässt die Kritik nicht gelten: Die Harmonisie­rung der Sozialhilf­e sei beim Lebensunte­rhalt von Erwachsene­n ohne denWohnbei­trag gelungen.

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ORFJournal­istin Gertrude Aubauer, Jahrgang 1951, ist Seniorensp­recherin der ÖVP.

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