Bis zu 4000 Euro arbeitsloses Einkommen
Der Rechnungshof kritisiert die unterschiedliche Höhe der Mindestsicherung – warum ist das so?
Die Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung sollte vor allem eine bundesweite Harmonisierung der Sozialhilfe bringen. Die Praxis schaut auch dreieinhalb Jahre später anders aus, wie der Rechnungshof in seinem aktuellen Bericht festhält: Zwischen den monatlichen Auszahlungsbeträgen an Bedürftige liegen je nach Bundesland teils Welten.
Konkret hat sich der RH die Bundesländer Tirol und Vorarlberg angeschaut. Waren etwa laut der Bund-Länder-Vereinbarung für Alleinstehende im Vor- jahr mindestens 794,91 Euro (Lebensunterhalt und Wohnbedarf) vorgesehen, erhielten sie in Vorarlberg 1063,50 Euro und in Tirol 1120,03 Euro. Besonders krass zeigt sich dasUngleichgewicht bei jenem Fallbeispiel, das von einem Paarmit fünf minderjährigen Kindern (zwei davon betreuungspflichtig) ohne Einkommen ausgeht: Laut der Bund-Länder-Vereinbarung mussten dieser Familie 2013 mindestens 1416,92 Euro im Monat zur Verfügung stehen. In Vorarlberg erhielt die siebenköpfige Familie jedoch 2319,57 Euro Mindestsicherung, in Tirol sogar 2671,74 Euro. Unter Berücksichtigung des Kinderbetreuungsgeldes und der Familienbeihil- fe erhöhten sich die monatlich Auszahlungsbeträge laut RH-Berechnungen aufmehr 4000 Euro.
Und während einem Alleinerzieher mit einem unterhaltspflichtigem Kind, der über ein geringfügiges Einkommen verfügt, mindestens 529,66 Euro gezahlt werden mussten, bekam er in Vorarlberg monatlich 933,87 Euro, in Tirol sogar 1290,75 Euro Mindestsicherung.
Der Grund für die eklatanten Unterschiede, die um bis zu 1250 Euro über dem zwischen Bund und Ländern vereinbarten Mindestbetrag lagen, sind allen voran die unterschiedlich hohen Wohnkosten, die in den beiden Bundesländern teils zur Gänze übernommen wurden. In dem Zusammenhang kritisiert der RH auch das sogenannte Verschlechterungsverbot, das mit der Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung Ende 2010 vereinbart wurde. Es besagt, dass durch die Einführung der Mindestsicherung kein Sozialhilfeempfänger schlechtergestellt, sprich: weniger Geld bekommen darf als davor. DerRHregt nun an, das Verschlechterungsverbot im Falle einer Novellierung des Gesetzes „einer kritischen Prüfung“zu unterziehen.
Das Sozialministerium lässt die Kritik nicht gelten: Die Harmonisierung der Sozialhilfe sei beim Lebensunterhalt von Erwachsenen ohne denWohnbeitrag gelungen.