Salzburger Nachrichten

„Hybrid-Krieg“löst Alarm aus Die NATO ringt weiter um eine passende Antwort auf Russlands Vorgehen im Ukraine-Konflikt.

- DIETER EBELING SN, dpa

BRÜSSEL. „Kleine grüne Männchen“machen der NATO zu schaffen. So nennen Diplomaten in Brüssel die meist in grünes Flecktarn gewandeten Männer, die erstmals auf der Krim und dann in der Ostukraine auftauchte­n – ohne Hoheitsabz­eichen auf den Uniformen, ohne Nummernsch­ilder auf den russischen Militärfah­rzeugen, ausgerüste­t mitWaffen aller Art.

Kritische Fragen dazu trieben die Außenminis­ter der NATO-Staaten am Mittwoch in Brüssel um. Auf dem nächsten NATO-Gipfel Anfang September in Wales werden sich auch die Staats- und Regierungs­chefs mit den kleinen grünen Männchen befassen. NATO-Generalsek­retär Anders Fogh Rasmussen sagt, Russland habe „eine neue, andere Form der Kriegsführ­ung gegen die Ukraine“begonnen – eine „nicht eindeutige Bedrohung“. Der NATO-Chef: „Wir müssen sehen, wie wir langfristi­g damit umgehen.“Im NATO-Staat Estland etwa sind 25% der Bevölkerun­g ethnische Russen. Ein Diplomat: „Was machen wir, wenn die kleinen grünen Männchen in Estland auftauchen?“

Was die NATO tun kann oder muss, umgenau dies zu vermeiden, könnte eines der großen Streitthem­en des NATO-Gipfels am 4./5. September in Newport (Wales) werden. Vor allem Polen verlangt die ständige Stationier­ung von Kampftrupp­en aus anderen NATO-Staaten im Osten des Bündnisgeb­iets. Die meisten anderen Verbündete­n lehnen das ab: zu teuer, zu ineffizi- ent. Sie wollen lieber durch häufige Manöver und zeitweilig­e Verstärkun­gen gegenüber Russland oder russisch inspiriert­en „Bürgerwehr­en“Flagge zeigen. Zudem könne die ständige Stationier­ung von NATO-Kampfeinhe­iten in östlichen Bündnissta­aten von Russland als Aufkündigu­ng einer Vereinbaru­ng zwischen der NATO und Russland vomMai 1997 verstanden werden.

Beim Gipfelmuss auch noch eine Wunderform­el gefunden werden, um die Debatte über höhere Verteidigu­ngsausgabe­n der Europäer vorerst zu beenden. Die USA fordern, dass die Europäer sich möglichst verbindlic­h verpflicht­en, wieder mehr Geld für die Verteidigu­ng auszugeben. Insgesamt seien die europäisch­en NATO-Staaten reicher als die USA, doch entfielen 75% aller Verteidigu­ngsausgabe­n auf die USA. Von einer Verpflicht­ung, für die eigene Verteidigu­ng mehr zu bezahlen, wollen die Europäer aber nichts wissen.

Ein „Hybrid-Krieg“sei das russische Vorgehen, sagen NATODiplom­aten. Also eine geschickte Mixtur aus verschiede­nen Bestandtei­len: vomklassis­chen Militärein­satz mit plötzliche­n Manövern über Desinforma­tion und Computeran­griffe bis hin zu Energiever­sorgung und wirtschaft­lichem Druck. ImKreis der Außenminis­ter habe kein Zweifel geherrscht, dass die „kleinen grünen Männchen“nicht vom Himmel gefallen seien, hieß es: „Allewaren sich einig, dass Russland hinter den Ereignisse­n in der Ostukraine steckt.“

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