„Jetzt ist es bei uns offen und hell“
Reinhart von Gutzeit kam in eine Universität voller Unfrieden und mit schlechtem Ansehen. Wie ist sie nun, wenn er sie wieder verlässt?
Für Studenten genüge es nicht, die jeweils Besten in ihremFach zuwerden, sagt Reinhart von Gutzeit, Rektor derUniversitätMozarteum. Was wollte er also schaffen und bieten? Da ihm vieles gelungen ist und seine Amtszeit zu Ende geht, wird er heute, Donnerstag, imSolitär gefeiert.
Blickt man jetzt, acht Jahre später, auf den Beginn Ihres Rektorats, war er – nach heftigen Querelen um Ihren Vorgänger – schwierig. Haben Sie das auch so in Erinnerung?
SN: Gutzeit: Ja und nein. Das wichtigste Ziel, das mir der Universitätsrat damals gesetzt hat, war die Wiederherstellung eines guten Arbeitsklimas, es hieß sogar: „Befriedung des Hauses.“
Zudem sollten Kooperationen mit anderen Salzburger Kulturinstitutionen wieder belebt und das Ansehen der Universität Mozarteum wieder hergestellt werden.
SN: War das so ramponiert?
SN: Ich erinnere mich an eine Karikatur Thomas Wizanys auf der Titelseite der „Salzburger Nachrichten“: Da schrubbte die damalige Wissenschaftsministerin Elisabeth Gehrer als Putzfrau gemeinsam mit mir das ehrwürdige Mozarteum – offenbar, um das angepatzte Haus wieder sauber zu machen. Das war wohl damals das herrschende Bild.
Mitten im internen Unfrieden mussten Sie ja noch einen Neubau beziehen.
Der Umzug war schon weitgehend erledigt und das neue Haus am Mirabellplatz war keine Belastung, sondern ein Geschenk für Lehrende und Studenten. VieleKollegen empfanden die neuen Räume als Befreiung. Die achtjährige Übergangszeit war belastend und das 1996 geschlossene Vorgängergebäude war weder transparent noch übersichtlich, es bot keine freie Luft. Jetzt ist alles offen und hell. Und mit Solitär und Studio haben wir wunderbare Veranstaltungsräume.
Welche Neuerungen waren für Sie wichtig?
SN: Dringend nötig waren ambitionierte, lebendige Veranstaltungen – um die Bevölkerung wieder anzulocken, um Studenten Auftrittsmöglichkeiten zu geben und um mit anderen Kulturinstitutionen zu kooperieren. Ich hatte mich ja auch mit demMotto „DasMozarteum als Begegnungsstätte von Künstlern und Ideen“umdas Rektorat beworben. Daher habe ich ein Vizerektorat für künstlerische Projekte eingerichtet: Lukas Hagen hat das vorzüglich umgesetzt.
SN: An welchen Veranstaltungen zeigt sich das?
Etwa am Festival „Herbsttöne“, an den „Barocknächten“oder an Klavierzyklen wie die Beethoven-Sonaten mit Peter Lang oder derzeit der Zyklus von Herbert Schuch mit Schubert und Janáček. Soeben hat unser Kammermusikfestival zum vierten Mal stattgefunden. Auch dort wird eine meiner Lieblingsideen realisiert: Arrivierte Künstler, wie diesmal Menahem Pressler, Lehrende und Studierende gehen gemeinsamaufs Podium. Das löst so viel aus! Für Studenten ist das ein heißerer Ansporn als jede Prüfung.
Inwiefern spiegeln diese Neuerungen das Innenleben – also in der Lehre – an der Universität Mozarteum?
SN: Die Stärkung der Kammermusik war auch intern ein Thema: Daher haben wir das von Wolfgang Redik geleitete Sandor-Végh-Institut für Kammermusik geschaffen, wir haben ein Kammerorchester eingerichtet, ein Kammermusik-Studium, zudem Masterstudien in Klaviertrio und Streichquartett. Wenn man das Hagen-Quartett am Haus hat, drängt sich ein solches Studienangebot doch auf!
Und hier, wo Nikolaus Harnoncourt gelehrt hat, hat es Sinn, die Alte Musik wichtig zu nehmen – jene Musik, dieMozart vorgefunden hat. Darum haben wir das Institut für AlteMusik gestärkt.
Früher gab es nur Unterricht in Blockflöte und Cembalo, jetzt bieten wir auch Barockvioline, Barockcello, Traversflöte, Barockgesang, Stilkunde und Aufführungspraxis an. Und Dorthee Oberlinger (Leiterin des Instituts für Alte Musik, anm.) ist als Künstlerin wie als Pädagogin ein Wunder! Der Unterricht kulminiert jedes Jahr in den ausgedehnten „Barocknächten“.
Dann kam es zur Runderneuerung der Abteilung Schauspiel und Regie mit Amélie Niermeyer als neuer Chefin, die ein verjüngtes Kollegium geformt hat und fabelhafte Künstler als Gastlehrende hinzuholt.
Drei Mal hintereinander haben unsere Studenten den Ensemblepreis der deutschsprachigen Schauspielschulen gewonnen. Seit einigen Jahren haben wir für unsere Absolventen ein Vermittlungsquote von 100 Prozent und sind zu einer ersten Adresse der Schauspielschulen geworden. Das merkt man an den Anmeldezahlen. Abgerundet wird all das mit dem neuen Namen: Thomas-Bernhard-Institut.
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Und in der NeuenMusik? Die ist wichtig, vor allem die jüngste Initiative ist erfreulich: die Akademie Werkstatt Neue Musik. Sie bietet Komponisten neue Möglichkeiten, ihre Werke zu erproben; Dirigenten können komplexe Werke mit spezialisierten Musikern einstudieren; und Instrumentalisten wird eine Art Tutorium ermöglicht. Unser Partner dafür ist das oenm.
Im Foyer am Mirabellplatz sieht man oft Ausstellungen, Skulpturen, Installationen. Woher kommen die?
Von unseren Studenten und von interessanten Gästen. Da fällt mir ein, wie abweisend unsere bildenden Künstler erst einmal waren, als ich sie vor acht Jahren einlud: Schaut
Universität Mozarteum
Reinhart von Gutzeit, 1947 in Berlin geboren, war 1995 bis 2004 Direktor des Bruckner-Konservatoriums in Linz und nach dessen Umwandlung zur A.-BrucknerPrivatuniversität bis 2006 deren erster Rektor. Seither – bis Ende September 2014 – ist er Rektor der Universität Mozarteum.
euch diesen Riesenraum, dieses Foyer an, das schreit nach Ausstellungen! Die Antwort war: „Wir sind nicht dazu da, das Haupthaus der Musiker zu behübschen.“
Jetzt sind sie regelmäßig bei uns – mit großen Geschichten im Foyer und vierzehntägig neuen Ausstellungen in der Galerie, sodass man auch am Mirabellplatz dauernd spürt: Es gibt in der Alpenstraße eine Abteilung für Bildende Kunst.
Auch dort gibt es eine interessante Neuerung. Wir richten eine Professur für Fotografie und Video ein. Heutige Schüler sindmit ihren Handys permanent am Fotografieren und am Filmen. Da ist es hochinteressant, wenn sie von ihren Lehrern künstlerischen Umgang mit diesen Medien erfahren können.
SN: Das Haus, das Sie verlassen, surrt und brummt also?
Ja, das find ich schon! (Lacht) Natürlich sind für Studenten ihre Hauptfachlehrer amwichtigsten.
Doch angehende Künstler oder Kunstpädagoginnen müssen mehr draufhaben als fachliche Aspekte. Sie müssen sich künstlerisch und kulturellweit orientieren, sie sollen in der Lage sein, Projekte zu konzipieren und daran mitzuwirken. Und das kann man nur an einer Universität erfahren, die brodelt.