Eine Frau, die gegen alle Tabus aufbegehrte
Sie war eine wichtige Verbündete von Simone de Beauvoir, heute ist ihr Werk fast unbekannt. Ein Film will das ändern.
Hässlich, fordernd, bisexuell, ein Bastard: Die Schriftstellerin Violette Leduc war eine, die sich gängigen Kategorien widersetzte. Ihre Bücher sind auf Deutsch längst vergriffen, dabei ist ihre Sprache stilbildend für die feministische Literatur: Ihr wurde von Zeitgenossen unterstellt, „wie ein Mann“zu formulieren, weil sie über Erotik, Begehren, Leid und Abtreibung und über die Liebe schrieb, ohne ihren Schmerz schamhaft-feminin zu verschleiern. Die wichtigsten Passagen fielen in den Sechzigerjahren der französischen Zensur zum Opfer, was Leduc fast in denWahnsinn trieb; für ihre große Freundin Simone de Beauvoir aber war sie eine weibliche Stimme, die unbedingt gehört werden musste. Nun kommt mit Martin Provosts „Violette“ein Film ins Kino, mit der großartigen Emmanuelle Devos in der Titelrolle, der die Biografie dieser Frau und einer besonderen Frauenfreundschaft zurück ins Bewusstsein holt.
„Ist eine Frau hässlich, kommt das einer Todsünde gleich“, mit diesem Leduc-Zitat beginnt der Film: Ihr Leben lang fühlte sie sich ungewollt, unglücklich, hatte ewig Geld- probleme. Sie überwand nie, dass ihr wohlhabender Vater sie nicht anerkannt und ihre ledige Mutter sie nicht abgetrieben hatte, eine „Bastardin“, so auch der Titel ihres berühmtesten autobiografischen Werks. Und sie war nicht zurückhaltend, wie das von einer Frau erwartet wurde: Sie verliebte sich als Mädchen in eine Mitschülerin, heiratete später zum Schein einen schwulen Mann, der sie zum Schreiben ermutigte. Sie liebte mit großer Heftigkeit, oft Menschen, die sie nicht wieder liebten.
Ihre wichtigste Beziehung aber beginnt, als sie den Roman „Sie kam und blieb“von Simone de Beauvoir liegen sieht. „Ein so dickes Buch, von einer Frau?“, fragt sie im Film. Sie ist fassungslos vor Begeisterung, passt die Schriftstellerin ab und nötigt ihr das Manuskript ihres ersten Buchs auf. Denn Violette Leduc ist vielleicht rau und spröde, aber sie kann schreiben. Und irgendwann erlebt die „Bastardin“ihren Durchbruch. „Violette“ist eine Gelegenheit, den fast verlorenen Schatz von Leducs Prosa wieder zu heben: Nur zwei ihrer Bücher, „Die Bastardin“und das damals skandalöse, erst 1990 unzensiert erschienene „Thérèse und Isabelle“wurden je auf Deutsch übersetzt, beide Bände sind heute vergriffen.
Film: