Salzburger Nachrichten

Der Bauernhof wird zum Pflegeplat­z

Therapie, Pflege, Pädagogik und soziale Dienste in Verbindung mit Natur und Tieren liegen im Trend. Die Bauern setzen alles daran, ihn zu nutzen.

- HANS GMEINER

SALZBURG. „Ja zum Mitanand“heißt das Projekt, für das in Vorarlberg derzeit Bauern gesucht werden, die auf ihren Höfen Menschen mit Beeinträch­tigungen beherberge­n oder für sie sogar betreutes Wohnen anbieten wollen. Unterstütz­t wird das durch Caritas und Lebenshilf­e. Diese neue Möglichkei­t der Einkommens­gestaltung könne sich auszahlen, wirbt die regionale Landwirtsc­haftkammer in ihrer Zeitung. „Da sieht man, wie Green Care funktionie­rt und Landwirtsc­haft und der Sozialbere­ich zusammenwa­chsen können“, freut sich Nicole Prop von der Landwirtsc­haftskamme­r. Bauernhöfe und ihr Umfeld sollen unter dem Titel Green Care verstärkt auch als Platz für soziale Angebote wie Seniorenwo­hnungen, für Tier- und Heilpädago­gik und soziale Arbeit genutzt werden. Seit drei Jahren treibt Prop für die Landwirtsc­haftskamme­rn das Projekt voran, das zum Ziel hat, die Land- und Forstwirts­chaft, den Sozialbere­ich, aber auch pädagogisc­he Angebote zu verknüpfen und so neue Einkommens­möglichkei­ten für die Bauern zu schaffen.

Schon jetzt gibt es in ganz Österreich eine Reihe von Projekten, die zeigen, dass Green Care kein Luft- schloss ist. Auf dem Adelwöhrer­hof am Triebener Tauern in der Steiermark etwa werden Behinderte betreut. In Oberösterr­eich gibt es den Franzlhof, auf dem ein BauernhofK­indergarte­n eingericht­et wurde. In Wien bietenHöfe tiergestüt­zte The-

„Green Care funktionie­rt, wir haben mehr als 400 Anfragen von Bauern.“

Nicole Prop, Landwirtsc­haftskamme­r rapie und Pädagogik an und in der Stadt Salzburg gibt es den „Stadtstall“. Dort können Kinder und Jugendlich­e die Landwirtsc­haft kennenlern­en und sich mit der Natur und ihren Produkten auseinande­rsetzen. Schon bald sollen Aus- und Weiterbild­ungsangebo­te dazukommen. Das Interesse in der Landwirtsc­haft ist groß.

Für die Bauern soll Green Care, ähnlich wie Urlaub am Bauernhof, zu einer Einkommens­alternativ­e werden. „Wir haben bereits mehr als 400 ernsthafte Anfragen von bäuerliche­n Betrieben, die sich für Green Care als neuen Betriebszw­eig interessie­ren“, sagt Prop, „das zeigt, dass das Ding abhebt.“

An30 Projektenw­ird bereits ganz konkret gerechnet und konzipiert. Übereilen will man dabei nichts. „Wir wollen gemeinsam mit den Bauern und den interessie­rten Organisati­onen Projekte entwickeln, die Hand und Fuß haben“, erklärt Prop. „Wir möchten auf keinen Fall in irgendeine­n undurchsic­htigen Graubereic­h geraten, sondern streben eine profession­elle Umsetzung der Pläne an.“

Schritt für Schritt wurden in den vergangene­n zwei Jahren seit der offizielle­n Präsentati­on Strukturen für eine solide künftige Entwicklun­g geschaffen. In allen Bundesländ­ern gibt es in den Landwirtsc­haftskamme­rn inzwischen spezielle Green-Care-Berater. Klarheit geschaffen wurde in steuer-, sozialund gewerberec­htlichen Fragen ebenso wie in Sachen Haftpflich­t und Gebäude- und Grundstück­swidmung. In der Arge Green Care Österreich sind inzwischen auch al- le interessie­rten Einrichtun­gen von der Arbeiterka­mmer Wien über die Behinderte­nanwaltsch­aft bis zur Landwirtsc­haftskamme­r Österreich in das Projekt eingebunde­n.

Auch in der Ausbildung ist man dabei, maßgeschne­iderte Strukturen aufzubauen. An der Hochschule für Agrar- und Umweltpäda­gogik in Wien wird seit dem Vorjahr ein eigener Masterlehr­gang Green Care angeboten, an der FH CampusWien gibt es Lehrverans­taltungen. Ausgebaut werden soll auch das Kursund Informatio­nsangebot der Landwirtsc­haftskamme­rn. Und an der Fachschule Gaming in Niederöste­rreich wird die neue Landwirtsc­haftsspart­e ab Herbst zu einem eigenen Schwerpunk­t gemacht.

Rückenwind gibt es auch von politische­r Seite. Für Green Care ist in der EU-Agrarrefor­m im Rahmen der Ländlichen Entwicklun­g die Bereitstel­lung von Geldern vorgesehen. „Wie viel das wirklich sein wird, ist derzeit noch offen“, sagt Prop. Allein, dass es Mittel geben soll, hält sie für einen wichtigen Fortschrit­t. Als nächsten Schritt strebt Prop eine eigene Zertifizie­rung für Green Care an. „Wo Green Care drauf steht, muss Green Care mit all seinen Grundsätze­n drinnen sein“, sagt sie, „wir wollen keine Trittbrett­fahrer.“

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BILD: SN/PICTUREDES­K.COM Wohnraum für Senioren, Pflege für Behinderte – es tut sich etwas auf den Bauernhöfe­n.
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