DieMacht ist neu verteilt
Die Mehrheit an der Telekom Austria gehört nun dem Konzern América Móvil des mexikanischen Milliardärs Carlos Slim. Die Kritik am Syndikatsvertrag mit der ÖIAG reißt nicht ab.
Der Staat Österreich ist nicht mehr größter Aktionär der Telekom Austria. Der zweitreichste Mann der Welt, Carlos Slim, hat mit dem Übernahmeangebote seiner América Móvil weitere 23,5 Prozent der Aktien des heimischen Marktführers in Sachen Telekommunikation eingesammelt und kommt nun auf einen Anteil von 50,8 Prozent. Das teilte die mexikanische América Móvil in der Nacht auf Dienstagmit.
Bis zur gesetzlichen Nachfrist Mitte Oktober können die Telekom-Aktionäre Slim noch Aktien für 7,15 Euro andienen. Am Dienstag schloss die Aktie bei 7,23 Euro. Slim hat mit der Staatsholding ÖIAG – dem zweiten Kernaktionär der Telekom mit 28,4 Prozent – per Syndikatsvertrag vereinbart, dass mindestens 24 Prozent der Telekom-Aktien weiter an der Wiener Börse notieren sollen.„Wenn wir mehr als 50 Prozent der Aktien bekommen, so werden wir innerhalb von zwei Jahren so viele Aktien abgeben, um diesen Streubesitz sicherzustellen“, hatte der Finanzchef von América Móvil, Carlos Garcia Moreno, Ende Mai im Magazin „News“erklärt.
Der Einfluss Slims auf die Telekom Austria war bereits durch einen Ende April zwischen AméricaMóvil und der ÖIAG abgeschlossenen Syndikatsvertrag festgeschrieben worden. Der sichert dem mexikanischen Telekomkonzern die alleinige Kon- trolle über die Telekom Austria. Die ÖIAG bekommt im Gegenzug Vetorechte. Der Aktionärspakt ist seit Ende Juni in Kraft – nachdem alle Behörden grünes Licht gegeben haben – und löste auch das Pflichtangebot aus. Hätten alle Anleger das Angebot angenommen, hätte Slim 1,4 Mrd. Euro auf den Tisch legen müssen. So sind es etwas mehr als 743 Mill. Euro. Laut „Forbes“hat Slim ein Vermögen von 78,5 Mrd. Dollar, umgerechnet 57,8 Mrd. Euro.
Dass so viele Anleger ihre Aktien an Slim abgegeben haben, hat selbst Brancheninsider überrascht. Ein Grund dafür könnten die 400 Mill. Euro Abschreibungen der Telekom in Bulgarien sein, die kürzlich bekannt wurden. Auch Kleinanlegerschützer Wilhelm Rasinger hat im Gespräch mit Reuters angedeutet, das habe den Ausschlag für den Verkauf gegeben. Banken hatten ihren Kunden ebenfalls empfohlen, die Offerte anzunehmen.
Die ÖIAG sprach am Dienstag von einem wichtigen Meilenstein. Nächster Schritt ist eine Kapitalerhöhung um eine Milliarde Euro, die bis Mitte 2015 geplant ist. Die Staatsholding werde „langfristig mindestens 25 Prozent der Anteile an der Telekom Austria halten und weiterhin eine gewichtige Rolle bei der Entwicklung des Unternehmens spielen“, sagt ÖIAG-Sprecher Bernhard Nagiller. Ziel sei, die Telekomzu stärken „und einen umfangreichenWachstumskurs in Zentralund Osteuropa sicherzustellen“.
Anders sehen das die Grünen. Sie orten erneut einVersagen derÖIAG. „So erfolgt eine stille Übernahme, denn vormals österreichischer Staatsbesitz ist nun mexikanisch“, sagte die Telekom-Sprecherin der Grünen, Gabriela Moser. Auch die Arbeiterkammer und die Gewerkschaften haben seit Abschluss des Syndikatsvertrags wiederholt Kritik daran geäußert. Die Telekom Austria hält noch immer den überwiegenden Teil der unterirdischen Kabel in Österreich.
Probleme hat Slim in seiner Heimat Mexiko. Die überragende Marktstellung – América Móvil kontrolliert 80 Prozent des Festnetz- und 70 Prozent des Mobilfunkgeschäfts – gerät durch ein neues Gesetz unter Druck. Um sein Imperium zu retten, gibt Slim Teile ab. Slim hat schon zuvor versucht, in Europa Fuß zu fassen. Beim niederländischen Telekomkonzern KPN ist er gescheitert. Zuletzt hatte Slim über den Verkauf seines KPNAnteils laut nachgedacht.