Ist der Raubmörder ein Serientäter?
Nach den beiden blutigen Gewaltverbrechen in Bad Reichenhall prüft die Polizei Parallelen zu einem dritten Fall.
BAD REICHENHALL. Das Kopfsteinpflaster in der Poststraße neben dem Bürgerbräu ist noch regennass. Dort, wo am Montag um drei Uhr früh ein Unbekannter in der Altstadt von Bad Reichenhall den 73-jährigen Alfons S. erschlagen und beraubt hat, liegen nun Blumen: Rosen, Lilien, eine Sonnenblume. Passanten haben Kerzen dazugestellt.
Es ist Dienstagmittag. Ein kleiner weißer Lieferwagen hält am Tatort, der nun eine Gedenkstelle ist. „Der Alfons wor ein ganz ein Braver, der sein Lebtag nur gerackert hot“, sagt der ältere Lenker. Dann bricht kurz seine Stimme, die Augen füllen sich mit Tränen und er fügt im breiten Dialekt hinzu: „Es sand nur mehr Gfraster unterwegs. I wurd am liabstn 500 Euro spenden, wenn s’ des Krippö dawischn.“
Der Mann hat den Alfons gut gekannt. Vom Stammtisch, im Kurgarten-Café in der Salzburger Straße. Dort treffen sich immer die örtlichen Bayern-MünchenFans, wenn Spiele des FCB im Fernsehen gezeigt werden. Und die Spiele der Nationalmannschaft.
So war es auch am Sonntag beim Finale der Fußball-Weltmeisterschaft. Alfons S., der pensionierte Malermeister, hat den vierten WM-Titel seines Teams erlebt und den Siegtreffer seines Bayern-Spielers Mario Götze.
Die fröhlicheRunde imKurgarten-Café feiert den Titel. Irgendwann bricht Alfons S. dann aber in ein anderes Lokal auf. Es ist das P 42, schlicht benannt nach seiner Adresse: Poststraße 42, also nur wenige Schritte von jenem Ort entfernt, an dem der im Sterben liegende Alfons S. gegen drei Uhr früh von einem Passanten gefundenwerden sollte.
Hat ihn sein Mörder im Nachtlokal P 42 getroffen? Laut Erkenntnissen der Polizei hat sich in der Nacht auf Montag auch jene 17-Jährige im P 42 aufgehalten, die kurz nach dem Mord an Alfons S. in der Berchtesgadener Straße vom selben Täter attackiert und ebenfalls beraubtworden ist.
Die junge Frau überlebte schwer verletzt. Sie konnte nach dem Angriff zu Bewohnern des
„ Der Alfons wor ein ganz ein Braver, der sein Lebtag nur gerackert hot.“
Hauses Berchtesgadener Straße 10 flüchten. Der Abdruck einer blutverschmierten Hand war auch am Dienstag noch auf dem Rahmen der Eingangstür des Mehrparteienhauses zu sehen. Die 17-Jährige wird bis aufWeiteres in der Intensivstation des Salzburger Landeskrankenhauses behandelt. Der Gesundheitszustand des Raubopfers wurde am Dienstag von KrankenhausSprecherin Beate Erfurth als „stabil“beschrieben. Weitere Auskünfte gab es nicht.
Dafür ließ am Dienstag eine Meldung der Polizeiinspektion Ruhpolding aufhorchen. Auf dieser Dienststelle meldete sich nämlich ein junger Mann aus Inzell, der angab, amMontag, 5. Juli, um drei Uhr früh auf dem Heim- weg in der Adlgasser Straße plötzlich von einer männlichen Person von hinten angegriffen worden zu sein.
Der attackierte Inzeller war aberwehrhaft genug, konnte sich aus dem Griff des Angreifers befreien und flüchten. Dabei muss er den Kriminellen im Gesicht stark verletzt haben. Blaue Flecken könnten immer noch sichtbar sein.
Nach dem Angriff ging der junge Mann aber nicht sofort zur Polizei. Erst nach den Berichten über den Raubmord und dem versuchten Raubmord in Bad Reichenhall erstattete er dann aber Anzeige.
Inzell ist nur wenige Kilometer von Bad Reichenhall entfernt. Und nicht nur der Tatzeitpunkt (drei Uhr früh) weist bemerkenswerte Parallelen zu denGewalttaten in der Kurstadt auf. Der Angreifer war zirka 1,80 Meter groß und mit einem schwarzen Kapuzenpulli und einer Jeanshose bekleidet.
Eine ähnliche Beschreibung liegt auch von dem Verbrecher in Bad Reichenhall vor. Tatsächlich prüft die Polizei nun mögliche Zusammenhänge zwischen den Taten in Reichenhall und Inzell.
Die Fahndung nach dem flüchtigen Täter läuft auf Hochtouren. Die Kripo Traunstein hat die Sonderkommission „14. Juli“gebildet. 25 Ermittler arbeiten an dem Fall. In Bad Reichenhall wird in nächster Zeit eine deutlich verstärkte Polizeipräsenz vorhanden sein. An der Fahndung nach dem Täter ist auch die österreichische Polizei beteiligt.
Die Kerzen in der Poststraße werden aber noch längere Zeit brennen.