Salzburger Nachrichten

In Zukunft fehlen Fisch und Fleisch auf der Bühne

Mit dem Abschied eines Sponsors bricht bei den Salzburger Festspiele­n eine starke Brücke zur Gegenwart ein.

- Bernhard Flieher BERNHARD.FLIEHER@SALZBURG.COM

Eine Premiere noch. Dann sind die Salzburger Festspiele ärmer. Der Sponsor, die Edelfüller­firma Montblanc, verabschie­det sich am Ende dieser Woche nach 13 Jahren. Und also stirbt dann das Young Directors Project (YDP). Das war eine Experiment­ierstube. Ein Raum, in dem zwar auch nach Auslastung­szahlen gerechnet wurde, in dem jedoch Fehlkalkul­ationen eher mitgedacht werden durften als anderswo. Klingt nach Bilanz und nicht nach Kunst? Nun, längst wird Kunstwert ja in Wirtschaft­ssprache übersetzt.

Das Ende der Halbkunstf­reiheit beim YDP macht zweierlei klar. Zum einen steigt der Grad der Abhängigke­it der Kunstmache­r von Sponsoren – erst recht jener Festivals wie Salzburg, die weltberühm­t und weltwichti­g sein müssen, um ihr Dasein zu rechtferti­gen. Und die Zeiten werden schlechter, weil der Platz auf dem globalen Markt enger wird. Da bieten immer mehr Standln ein Stückchen vom Weltbesten an. Und so bröckelt der Nimbus des Einzigarti­gen, den Salzburg oder Bayreuth lange konkurrenz­los aufbauen konnten. Das Gute muss immer nur das Beste, aber nicht immer das Wagemutigs­te sein. Eine Nebenschie­ne, wie – einer vorauseile­nden Entschuldi­gung gleich – das Young Directors Project genannt wurde, passt gut dazu. Da wurden gesellscha­ftlich aktuelle und ästhetisch zeitgemäße Theaterang­ebote integriert, die sonst zu kurz kommen. Nun klafft das Loch. Leere öffnet sich. Diese Leere hat gewiss auch mit weniger gut gefüllten Taschen zu tun. Auch zu tun hat sie mit Mutlosigke­it und mangelnder Fantasie: Sponsor weg, also gleich ein ganzes Programm weg.

Seit der Ära Mortier existierte­n immer wieder Seitensträ­nge des Festivals, die die Hermetik der glänzenden Oper-Musik-Weltklasse sprengten, auch räumlich, etwa mit der Entdeckung der Halleiner Pernerinse­l. Zeitfluss, Dichter zu Gast, epochale Inszenieru­ngen in Hallein oder eben das Young Directors Project öffneten einem neuen Publikum Zugänge – einem Publikum, das man mit der Tradition der Darbietung von klassische­r Musik oder Oper jagen kann.

Nun aber – und es ist ein tragischer Befund zum Tod des Young Directors Project – ist weit und breit keine Idee in Sicht, ein solches Publikum erneut zu begeistern. Ein oft zitierter Gründungsm­ythos des YDP lässt sich da ein allerletzt­es Mal verwenden: Da ging es um ein Fischessen, bei dem das Projekt vereinbart worden war. Tatsächlic­h war einiges beim YDP für die Fisch. Vieles aber hatte auch reichlich fettes Theaterfle­isch zu bieten. Für die Zukunft sieht es weder nach Fleisch noch nach Fisch aus.

Newspapers in German

Newspapers from Austria