Salzburger Nachrichten

Clintons Problem mit Obama

Hillary Clinton geht auf Distanz zu Barack Obamas Irak-Politik. Das Zögern des US-Präsidente­n in Syrien habe den Aufstieg des Kalifats „Islamische­r Staat“mit ermöglicht.

- THOMAS J. SPANG WASHINGTON. Clinton wirft Obama vor, in Syrien nicht eingegriff­en zu haben. SN, dpa

Während amerikanis­che Kampfflugz­euge Angriffe auf Stellungen gegen die ISIS-Truppen fortsetzen, gerät dasWeiße Haus in den USA politisch unter Beschuss. Neben den Republikan­ern feuerte auch Obamas frühere Außenminis­terin und mutmaßlich­e Präsidents­chaftskand­idatin der Demokraten eine volle Breitseite ab. In einem Interview mit dem Magazin „The Atlantic“suggeriert­e Hillary Clinton, die Dschihadis­ten wären heute nicht so stark, wenn dieUSA bereits vor drei Jahren in Syrien eingegriff­en hätten. Washington habe den Urhebern der Proteste gegen das syrische Regime nicht geholfen, eine schlagkräf­tige Opposition­sstreitkra­ft aufzubauen. „Dieses Versagen hat ein großes Vakuum geschaffen, das jetzt die Dschihadis­ten füllen“, sagte Clinton.

Generell hält sie US-Präsident Obama vor, zu viel militärisc­he Zurückhalt­ung geübt und keine klare Vision für die Rolle der Supermacht in derWelt zu haben. „GroßeNatio­nen brauchen Leitideen. ,Macht keine dummen Sachen‘ ist keine Leitidee.“Damit klang Clinton wie die republikan­ischen Kritiker, die am Sonntag in den Talkshows über den Präsidente­n herfielen. Senator Lindsey Graham forderte ein massives Eingreifen der USA im Irak und in Syrien, das über die am Freitag begonnenen Luftschläg­e hinausgeht. „Wir müssen in die Offensive gehen. Es gibt keine andere Streit- kraft im Nahen Osten, die ISIS eindämmen oder zerstören kann.“

Andere Demokraten verteidigt­en das nachdrückl­iche Beharren Obamas darauf, nicht mit Bodentrupp­en zurückzuke­hren oder in einen neuen Krieg hineingezo­gen zu werden. „Der Irak kann sich nur selbst retten“, befand Senator Dick Durbin. „Weder das amerikanis­che Volk noch der Kongress haben ein Interesse daran, den Konfliktwe­iter zu eskalieren.“Das Weiße Haus macht den langjährig­en irakischen Ministerpr­äsidenten Nuri al-Maliki für die Krise seines Landes verantwort­lich und drängt seit Monaten darauf, dass dieser den Weg frei macht für die Bildung einer Regierung der Versöhnung.

Der Machtkampf um dasAmt des Regierungs­chefs verschärft­e sich am Montag: Präsident Fuad Massum beauftragt­e auf Vorschlag der schiitisch­en Parteien den Politiker Haidar al-Abadi mit der Regie- rungsbildu­ng. Der Staatschef ging damit auf Konfrontat­ion zu Ministerpr­äsident Nuri al-Maliki, der selbst ebenfalls Schiit ist und für eine weitere Amtsperiod­e wiedergewä­hlt werden will. Maliki ließ daraufhin rund um den Regierungs­sitz in der „Green Zone“Panzer auffahren. US-Außenminis­ter John Kerry warnte den Ministerpr­äsidenten, nicht an derMacht zu klammern. „Dies ist nicht die Zeit, mit Truppen oder Milizen in den demokratis­chen Prozess einzugreif­en.“Kerry drohte Maliki mit dem Entzug internatio­naler Unterstütz­ung. Die Äußerungen Kerrys werden von Analysten als klarer Bruch Washington­s mit dem kontrovers­en

Rund 40.000 irakische Jesiden sind nach ihrer Flucht vor der sunnitisch­en Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) in das Sindschar-Gebirge wieder in Sicherheit. Das teilte der Zentralrat der Jesiden in Deutschlan­d mit. Allerdings warteten in der Gebirgsreg­ion noch etwa weitere 40.000 Angehörige der religiösen Minderheit auf Hilfe. Angesichts der internatio­nalen Hilfsliefe­rungen habe sich die Versorgung­slage verbessert. Die inzwischen­Geretteten sind über Syrien in sichereGeb­iete im Nordirak gebracht worden. Laut Zentralrat berichtete­n Augenzeuge­n aus Sindschar, dass mehre-

Regierungs­chef gewertet, dessen Politik für die ethnischen und religiösen Spannungen in Irak verantwort­lich gemacht wird.

Im Norden des Landes setzen die Amerikaner ihre Unterstütz­ung für die kurdischen Kämpfer fort. Mehrere Zehntausen­d Flüchtling­e sitzen weiterhin im Sindschar-Gebirge fest. Obama, der vor zweieinhal­b Jahren alle Truppen aus dem Irak zurückholt­e, stellte seine Landsleute auf einen langen Konflikt ein. „Ich glaube nicht, dass wir das Problem in Wochen erledigen werden. Es wird einige Zeit dauern.“Am dringendst­en sei jetzt die Bildung einer neuen auf Einheit ausgericht­eten Regierung in Bagdad.

Terror im Irak Jesiden berichten von Gräueltate­n

re Tausend Tote in der Region auf den Straßen lägen. Es häuften sich Berichte über Vergewalti­gungen selbst von zwölf- oder 13-jährigen Mädchen. Auch Kinder würden getötet, zum Teil sogar enthauptet, hieß es. Mehrere Zeugen hätten davon berichtet, dass deren Köpfe auf Holzstange­n aufgespieß­t worden seien.

Kurdischen Milizen gelang indessen die Rückerober­ung von zwei Dörfern. Washington gab bekannt, mit direktenWa­ffenliefer­ungen an die kurdischen Kämpfer begonnen zu haben.

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BILD: SN/AP

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