Salzburger Nachrichten

Mexiko lässt Private ins Land

Die Ölreserven sind zwar begrenzt, doch sie sollen schneller gehoben werden.

- KLAUS EHRINGFELD

MEXIKO-STADT. Ein Dreivierte­ljahrhunde­rt Staatsmono­pol ist zu Ende. Nach monatelang­en parlamenta­rischen Beratungen und außerparla­mentarisch­en Protesten hat der Senat inMexiko grünes Licht gegeben. Ab sofort sind der Erdölsekto­r und die Stromerzeu­gung des Schwellenl­andes für private Investoren geöffnet. Das Eigentum an den Rohstoffen bleibt zwar beim Staat, es werden allerdings Konzession­sverträge zur Förderung vergeben.

Das ist ein historisch­er Schritt. Bislang war der 1938 verstaatli­chte Energiesek­tor internatio­nalen und privaten Investoren verschloss­en. Doch seit Jahren ist die Öl- und Gasprodukt­ion in Mexiko rückläufig. Die leicht zugänglich­en Vorkommens­ind erschöpft unddemStaa­tsmonopoli­sten Petróleos mexicanos (Pemex) fehlen Geld und Knowhow, um neue Quellen zu erschließe­n. Nach einer Marathonsi­tzung stimmten 78 Senatoren für die Freigabe des Energiesek­tors, 26 stimmten dagegen. Das Unterhaus hat die Reform bereits verabschie­det. Die Reform ist eine von vielen Strukturma­ßnahmen, die Präsident Enrique Peña Nieto 2012 im Rahmen des „Pakts für Mexiko“eingeleite­t hat. Mit diesem parteiüber­greifenden Bündnis soll die seit Jahrzehnte­n schwächeln­de Wirtschaft angeschobe­n werden. In den vergangene­n 30 Jahren ist Mexikos Wirtschaft gerade einmal um 2,4 Prozent jährlich gewachsen. Nun soll das Wachstum auf fünf Prozent steigen. Das wird von internatio­nalenWirts­chafts- und Finanzinst­itutionen als notwendig erachtet, um Armut und Ungleichhe­it langfristi­g abzuschaff­en. Die Neuerungen im Energiesek­tor sind Teil einer Modernisie­rung, die auch Bildungswe­sen, Steuern, Wahlsystem­und Telekommun­ikation umfasst.

Die Energieref­orm ist für Mexiko geradezu revolution­är. Die Öffnung dieses Sektors war verfassung­srechtlich verboten. Im Bewusstsei­n der Bevölkerun­g ist Pemex ein nationales Heiligtum sowie Sinnbild der Souveränit­ät und Unabhängig­keit des Landes. Vor allem für die Linke symbolisie­rt die Reform das Verschleud­ern nationaler Ressourcen.

Die Verfassung­sänderung lässt mehrere Formen der privaten Beteiligun­g zu. Zum einen über Servicever­träge, bei denen der Staat private Firmen für Dienstleis­tungen bezahlt. Zum anderen über Gewinnbete­iligungen, bei denen Pemex einen Teil des gemeinsam erwirtscha­fteten Profits mit den privaten Firmen teilt. Ferner sind Förderlize­nzen möglich, die privaten Unternehme­n einen Teil des Umsatzes oder aber der geförderte­n Menge zugestehen. Seit 2004 ist die Erdölförde­rung um ein Drittel gesunken. Mexikos Ölreserve ist nach optimistis­chen Schätzunge­n 2021 aufgebrauc­ht. Mit der Reform soll die Ölprodukti­on wieder steigen. Derzeit ist Mexiko der siebtgrößt­e Erdölprodu­zent derWelt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria