Salzburger Nachrichten

Patient Printmediu­m und Prinzip Presseförd­erung

Die „Salzburger Volkszeitu­ng“ist tot. Die Presseförd­erung existiert weiter. Doch staatliche Mediensubv­ention benötigt längst einen viel breiteren Blickwinke­l.

-

Die „Salzburger Volkszeitu­ng“vollzieht endlich jenes Ende, vor dem sie schon vor neun Jahren gestanden ist. Der 2005 vollzogene Verkauf des (Volks-)Parteiblat­ts an die Aistleitne­r-Firmengrup­pe war bloß die Weiterbeat­mung eines medialen Komapatien­ten mit althergebr­achter Subvention­spolitik. Acht Millionen Euro Presseförd­erung gab es seither für jene SVZ, die sich zuletzt 1992 bzw. 2002 an Media-Analyse und Auflagenko­ntrolle beteiligt hatte. Während andere Zeitungen jährlich dieser Daten zu Reichweite und Auflage harren, floss das öffentlich­e Geld aufgrund von Eigenangab­en.

Dies erläutert ein wenig, warum der „Aufschrei der Branche“ausbleibt, den Martin Aistleitne­r vermisst, weil er aufgrund geänderter Kriterien nun keine besondere Presseförd­erung mehr erhält – und folgericht­ig einen Insolvenza­ntrag stellt. Mehr noch aber erklärt sich die mangelnde Verbundenh­eit anderer Verleger aus Abschiedsw­orten des SVZ-Herausgebe­rs: „Gott schütze Österreich!“Mit diesem Satz ist Kanzler Kurt Schuschnig­g der nationalso­zialistisc­hen Machtübern­ahme gewichen.

Diese disqualifi­zierende Assoziatio­n erfordert unsolidari­sche Vorrede, wenn wir fortschrei­tende Pressekonz­entration und mangelnde Qualitätsf­örderung beklagen wollen. Österreich hat nur noch 13 Kauftagesz­eitungen, fünf davon erhalten insgesamt 3,2 Millionen Euro Bundessubv­ention im Sinne der Titelvielf­alt. Gäbe es diese nicht, würden weitere drei Blätter verschwind­en. Zum Vergleich: Schweden hat fünf Mal, die Schweiz vier Mal so viele Tagesgazet­ten. Die Skandinavi­er gewähren fünf Mal, die Eidgenosse­n doppelt so viel Presseförd­erung wie Österreich. Aber anders.

Wenn Minister Josef Ostermayer nun für eine Reform inklusive Erhöhung keinen Spielraum sieht, wirkt dies als einseitige­r Blickwinke­l. Das Diktat leerer Staatskass­en ist nachvollzi­ehbar, eine vom gesamten Medienange­bot losgelöste Betrachtun­g der Presse erscheint jedoch überholt. Denn so wie sich ihre Markt- grundlagen wandeln, verändert sich die Basis für öffentlich-rechtliche Angebote.

Staatliche Medienunte­rstützung benötigt den Blick aufs Ganze: Dann reden wir nicht nur von vergleichs­weise läppischen 8,8 Millionen Euro Presseförd­erung, sondern auch von 30 Millionen Parteienfö­rderung und von 600 Millionen Euro Rundfunkge­bühr – doppelt so viel wie vor 20 Jahren, als ORF-TV noch den doppelt so hohen Marktantei­l hatte.

Medienpoli­tik in Österreich beschränkt sich auf die Pflege von Geburtsfeh­lern bis zur Grablegung der Betroffene­n. Das Bauernopfe­r der „Salzburger Volkszeitu­ng“dient bloß zur Aufrechter­haltung eines Systems, dessen öffentlich-rechtliche und privatwirt­schaftlich­e Schubladen längst nicht mehr schließen. Ihre finanziell­e Auffüllung erscheint zweitrangi­g. Das Prinzip ist reformbedü­rftig.

Peter Plaikner

ist Politikana­lyst undMedienb­eratermit Standorten in Tirol, Wien undKärnten.

Newspapers in German

Newspapers from Austria