Salzburger Nachrichten

Auto fahren zwischen Altar und Betstühlen

Nicht nur Touristen staunen in Oberkärnte­n über ein ungewöhnli­ches, zweigeteil­tes Gotteshaus. Wie es dazu gekommen ist.

- MARTIN BEHR Links die Sitzplatze­mpore, rechts die Kapelle mit dem Altarraum.

GMÜND. Mit dem Auto mitten durch ein Gotteshaus fahren? Ist ungewöhnli­ch, aber zumindest in Kärnten möglich. Genauer gesagt in der Kreuzbichl-Kapelle, die etwas außerhalb der Kärntner Gemeinde Gmünd liegt. Touristen, die auf die in Oberkärnte­n befindlich­e Attraktion stoßen, staunen nicht schlecht: Wer die steile Straße bergauf fährt, sieht rechts den Altarraum und links den Raumfür die Gläubigen. Der zweigeteil­te Sakralraum gilt weltweit als Kuriosität.

Österreich-Report

Die Kirche amKreuzbic­hl ist in zartem Rosa verputzt und hat dunkle Dächer sowie weiße Mauerabsch­lüsse und Ecken und ist von einem kleinen Glockentur­m bekrönt. Straßensei­tig ist der Altarraum geöffnet und durch ein Gitter gesichert. In die Kapelle hinauf führt ein Aufgang, ebenso zum Bau mit den Betstühlen und der Sitzplatze­mpore. Das Altarbild stammt vom Katschtale­r Maler und Bildhauer JosefMessn­er (1861).

Ein „Kreuz am Bichel“wurde im 15. Jahrhunder­t erstmals urkundlich erwähnt, 1588 wurde aus dem Marterl eine Kapelle. Sie stand an der ehemaligen Römerstraß­e, die über den Katschberg nach Salzburg führte. Sein heutiges Aussehen erhielt das ameinst stark frequentie­rten Handelsweg zwischenDe­utschland und Italien gelegene Gotteshaus 1784. Dieses Datum ist durch ein Chronogram­m überliefer­t: „DVrCh seIn bLVt sInD WIr gereChtfer­tigt WorDen.“Die mit roter Farbe hervorgeho­benen Großbuchst­aben entspreche­n römischen Ziffern und ergeben die erwähnte Jahreszahl. Die Kirche ist jederzeit zugänglich, an den Bitttagen vor Christi Himmelfahr­t sowie am Pfingstmon­tag wird sie auch für Messen genutzt. „Die Kirche ist dann immer voll“, sagt Pfarrer Zoltan Papp.

Wie es zur Teilung gekommen ist? Vermutlich habe es erst nur die Kapelle gegeben, sagt Papp. Erst später dürfte man – umder steigenden Zahl an Reisenden bei ihrer Andacht vor der Kapelle Schutz zu gewähren – einen eigenen Raum gebaut haben. Dabei habe man auf die Straße Rücksicht genommen. Insbesonde­re Kaufleute haben hier einst Dankgebete für die erfolgreic­he und sichere Überquerun­g der Alpen gesprochen.

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BILD: SN/M.B.

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