Salzburger Nachrichten

Bootsfahrt auf dem Highway

Weltenbumm­ler Joe Pichler und seine Frau Renate haben es endlich nach Pakistan geschafft. Dort erwarten sie allerdings eine unliebsame Überraschu­ng und ein neuer Umweg.

- ISLAMABAD.

Neun Tage war die Grenze zwischen China und Pakistan geschlosse­n. Mit mehr als 100 Pakistaner­n stehen wir nun in einer Schlange vor dem chinesisch­en Immigratio­nsschalter, um unseren Ausreisest­empel in den Pass zu bekommen. Erst nach fünf Stunden, als auch der Letzte in der Reihe seinen Stempel hat, wird der Grenzbalke­n geöffnet. Zwei Stunden später stehen wir amKhunjera­b-Pass. Mit 4639Metern ist es der höchste befestigte Grenzüberg­ang derWelt.

Der Karakorum Highway wurde innerhalb von 20 Jahren von Pakistan und China gemeinsam gebaut. Aufgrund extrem steiler Berghänge und ständiger Erdrutsche war der Bau eine technische Meisterlei­stung – mit bitterem Beigeschma­ck: An die 1000 Arbeiter kamen dabei ums Leben.

Aber die Natur ist stärker als der Mensch. Am 4. Jänner 2010 kames zu einem gewaltigen Bergsturz in das Hunzatal, der den

Joe Pichler Fluss auf eine Länge von rund 20 Kilometern aufstaute und mehrere Dörfer überschwem­mte. Auch der Karakorum Highway wurde durch den Erdrutsch unter Wasser gesetzt und unterbroch­en.

Der so entstanden­e See wird Attabad Lake genannt. Alle Wa- ren müssen mit Booten über den See transporti­ert werden. Wir mieten eines dieser abenteuerl­ichen Holzboote, um unsere KTM über den See zu schippern. An der Anlegestel­le herrscht unvorstell­bares Chaos. Unzählige Kisten und Säcke müssen auf die hier wartenden Lastwagen verladenwe­rden.

In Islamabad gibt es schlechte Nachrichte­n: Die Regierung hat sämtliche Straßen nach Lahore an den neuralgisc­hen Punkten wie Brücken und Kreuzung von Lkw blockieren lassen. Der Grund: Imran Khan, ehemaliger Kricketspi­eler und Nationalhe­ld Pakistans, ist nun Führer einer Opposition­spartei und hat für den Unabhängig­keitstag am 14. August eine große Demonstrat­ion gegen die Regierung in Islamabad angekündig­t. Das will die Regierung verhindern.

Die Polizei rät uns, bis zum 15. August in Islamabad zu bleiben und die Unruhen hier in einem Hotel abzuwarten. Aber so leicht kann man uns nicht aufhalten. Wir machen uns auf den 300 Kilometer langen Weg nach Lahore. Mit einem Auto wäre es unmöglich gewesen, die unzähligen Sperren zu durchbrech­en. Aber mit dem Motorrad finden wir immer einen – wenn auch beschwerli­chen Umweg. Zwölf Stunden brauchen wir für die 300 Kilometer und ich bin selten so froh gewesen, ein Etappenzie­l erreicht zu haben.

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BILDER: SN/JOE PICHLER Links unten: Straßenspe­rre auf dem Weg nach Lahore. Daneben stehen Joe und Renate Pichler auf dem Khunjerab-Pass. Joe Pichler auf dem Attabad Lake (links). Mit Holzbooten werden Waren transporti­ert.
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