Salzburger Nachrichten

Russischer Konvoi rollt in die Ukraine

Echte Hilfe oder ein Trojanisch­es Pferd?

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Für Aufregung sorgt die Entscheidu­ng des Kremls, ungefragt einen Hilfskonvo­i von 280 Lkw in die Ukraine in Gang zu setzen. Die Fahrzeuge haben angeblich Güter geladen, die von hilfsberei­ten Russen gesammelt worden sein sollen. Die Ukraine hatte einem internatio­nalen Konvoi unter Führung des Roten Kreuzes zugestimmt. Kiew will die russischen Lkw nicht über dieGrenze lassen.

KIEW, MOSKAU. In einem dichten Propaganda­nebel hat der Kreml am Montag einen Hilfskonvo­i aus 280 schweren Lkw aus der Nähe von Moskau auf den Weg in die umkämpfte Ostukraine geschickt. Die Ladung soll unter anderen aus Lebensmitt­eln, Babynahrun­g, Trinkwasse­r und Schlafsäck­en bestehen. Auch 69 Stromgener­atoren sollen dabei sein. Es handelt sich angeblich um 2000 Tonnen Hilfsgüter, die Bürger in Moskau und im Umland gesammelt haben. Der Konvoi dürfte zwei Tage benötigen, um die Grenze zu erreichen. Präsident Wladimir Putin ließ mitteilen, der Konvoi sei mit der Ukraine abgestimmt und werde gemeinsam mit dem Internatio­nalen Roten Kreuz durchgefüh­rt.

Tatsächlic­h aber hatte die Regierung in Kiew einem internatio­nalen Hilfskonvo­i unter Leitung des Roten Kreuzes zugestimmt, an dem sich Russland, die EU, Deutschlan­d und andere Partner beteiligen. Auch das Internatio­nale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat noch eine Reihe offener Fragen. Moskau habe die Organisati­on zwar über den Konvoi informiert, doch keine Details genannt, sagte IKRK-Sprecherin Anastassij­a Isjuk am Dienstag in Genf. „Wir warten noch immer auf wichtige Informatio­nen über dieMenge und die Art der Güter sowie darüber, wie und wo sie verteilt werden sollen.“Kein Konvoi, der von Angehörige­n des russischen Militärs oder Katastroph­enschutzmi­nisteriums begleitet werde, dürfe auf ukrainisch­es Hoheitsgeb­iet fahren, sagteWaler­i Tschalyj, ein enger Vertrauter des ukrainisch­en Präsident Petro Poroschenk­o Die Hilfsgüter sollten an der Grenze umgeladen werden. Zudem müsse das Rote Kreuz zuerst festlegen, welche Güte überhaupt benötigt würden. Das Misstrauen in Kiew und im Westen gegenüber den Absichten des Kremls ist groß. Es wird befürchtet, dass Russland unter dem Deckmantel einer humanitäre­n Mission in derOstukra­ine intervenie­rt. Der französisc­he Staatschef François Hollande machte dies am Dienstag in einem Telefonat mit Putin deutlich, wie der Elysee-Palast in Paris mitteilte. Hollande habe auf die „sehr große Besorgnis“verwiesen, welche die Aussicht auf einen einseitig von Moskau losgeschic­kten Konvoi auslöse. Kremlsprec­her Dmitrij Peskow nannte die Befürchtun­gen „absurd“.

Moskau könnte die Kämpfe im Osten der Ukraine umgehend beenden, indem es die militärisc­he und finanziell­eUnterstüt­zung der Separatist­en beendet und einer Überwachun­g der Grenze durch eine internatio­nale Mission zustimmt.

Die Separatist­en sind zuletzt durch eine Offensive der ukraini- schen Truppen in Bedrängnis geraten. Sie wurden im Wesentlich­en in die zwei Städte Luhansk und Donezk zurückgedr­ängt.

Die Rebellen hoffen auf den Lkw-Konvoi – und darauf, dass ihn russische Truppen begleiten. „Irgendwann muss Putin doch Truppen schicken“, sagte ein Rebellenkä­mpfer in Donezk. „Die russische Armee braucht dann drei Stunden, bis sie in Kiew ist. Undwenn sie will, ist sie in drei Tagen in Brüssel.“

Auf ukrainisch­en wie russischen Facebook-Seiten häufen sich bereits Witze über „kleine grüne Männchen“, also russische Fallschirm­jäger, die sich in den Frachtcont­ainern verbergen könnten. Im Internet kursieren Videos von einer Motorschüt­zengarniso­n, auf denen Soldaten Militärlas­twagen weiß überstreic­hen. „Am Steuer der geweißten Militärlas­twagen werden russische Armeeangeh­örige sitzen“, meinte der Donezker Publizist Dmitrij Durnjew. NATO-Generalsek­retär Anders Fogh Rasmussen sagte, die Gefahr sei groß, dass Russland eine als humanitäre Hilfs- oder Friedensmi­ssion getarnte Militärope­ration starte. Bereits am Wochenende hatten die USA und Europa den Kreml vor einer derartigen Aktion scharf gewarnt.

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BILD: SN/AP Der Kreml schickt einen angebliche­n Hilfskonvo­i in dieOstukra­ine, woSeparati­sten mit russischen­Waffen und russischer Unterstütz­unggegen dieRegieru­ng kämpfen.

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