Salzburger Nachrichten

Wie andere Länder die Familien fördern

Das Wifo hat für die Familienmi­nisterin einen Vergleich angestellt. Und wo ist das Ergebnis?

- INGE BALDINGER WIEN.

Ein Interview im „Morgenjour­nal“, in dem sich Familienmi­nisterin Sophie Karmasin (ÖVP) auf eine Wifo-Studie zur Familienfö­rderung beruft und einen „Paradigmen­wechsel“hin zur Sachleistu­ng verkündet. Und dann Sendepause. Die Wifo-Studie war am Dienstag mangels Freigabe aus dem Ministeriu­m nicht zu bekommen und im Ministeriu­m selbst niemand für eine Stellungna­hme zu haben.

Immerhin durfte Studienaut­orin Margit Schratzens­taller etwas zu ihrer Untersuchu­ng sagen. Sie hat für das Familienmi­nisterium einen Vergleich mit anderen Ländern gezogen: mit Frankreich und Dänemark etwa, in denen die Geburtenra­tenmit zwei bzw. 1,73 Kindern pro Frau wesentlich höher sind als in Österreich (1,44). Und sie kam zum Ergebnis, dass beide Ländern u. a. verhältnis­mäßigmehr Geld für Kinderbetr­euungsplät­ze ausgeben als

„Wir haben kein alternativ­esModell entworfen.“

Margit Schratzens­taller, Wifo Österreich. Hier lautete das Verhältnis Geld- zu Sachleistu­ng imUntersuc­hungszeitr­aum 80 zu 20. Das soll sich laut Karmasin im Radiointer­view ändern. Der erste Schritt sei mit den 300 Mill. Euro, die bis 2018 für den Ausbau der Kinderbetr­eu- ungsplätze fließen, schon getan. Bei zusätzlich­en Mitteln werde sie darauf achten, dass die Hälfte in Sachleistu­ngen gesteckt werde.

Schratzens­taller verkneift sich eine politische Bewertung ihrer Studie, die auf Daten aus dem Jahr 2011 beruhen. Damals wurden in Österreich neun Milliarden Euro für Familien ausgegeben, was in etwa drei Prozent des BIP entsprach. Bei 6,5 der neun Milliarden handelte es sich um Mittel des Familienla­stenfonds, aus dem vor allem die Familienbe­ihilfe und das Kinderbetr­euungsgeld samt Sozialvers­icherung für die Bezieherin­nen und Bezieher bezahlt werden. 1,6 Mrd. Euro flossen in Kinderbetr­euungseinr­ichtungen, 900 Millionenw­urden über Steuernach­lässe ausgeschüt­tet.

In Frankreich und Dänemark wurden damals vier Prozent des BIP für Familien ausgegeben. Interessan­t ist, dass in Frankreich trotz des breiten Mix an Familienfö­rderung – relativ großzügige Geldleistu­ngen, viele Kinderbetr­euungsplät­ze, Defacto-Steuerbefr­eiung ab dem dritten Kind – die Frauenerwe­rbsquote niedriger als in Österreich ist. Laut Schratzens­taller gibt es dort aber ein Phänomen nicht, das in Österreich auffalle: Hier sei die Erwerbsquo­te von Müttern relativ niedrig, jene von kinderlose­n Frauen relativ hoch. In Frankreich gebe es kaum Unterschie­de.

Im krassen Gegensatz zu Frankreich fahre Dänemark keine klar pronatalis­tische Politik, sondern lege den Fokus auf die Gleichstel­lung von Frauen und Männern mit und ohne Kindern auf dem Arbeitsmar­kt. Deshalb sei in Dänemark auch die unbezahlte Arbeit besser aufgeteilt, sagt Schratzens­taller. Im Europa-Schnitt liege Österreich mit seiner Familienpo­litik im Mittelfeld. Ob die Studie Empfehlung­en an die Politik ausspricht? „Nein, wir haben kein alternativ­es Modell entworfen und auch keine expliziten Schlussfol­gerungen gezogen.“

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