Klauseln zu Schiedsgerichten sind in Handelsabkommen nicht ungewöhnlich. Aber nicht immer sind sie sinnvoll.
Selten gab es so großes Interesse und so viel Kritik an einem Handelsabkommen wie an jenem, das zwischen der EU und den USA verhandelt wird – jenes zwischen der EU und Kanada wurde erst jüngst fixiert. Für Aufregung sorgt vor allem das Investor-Staat-Schiedsverfahren, bei dem Unternehmen Staaten vor privaten Schiedsgerichten klagen können. Undemokratisch? Zumindest nicht unbedingt notwendig, findet der Europa- und VölkerrechtlerWalter Obwexer.
Kann ein Staat aus juristischer Sicht einem privaten Schiedsgericht unterworfen werden?
Obwexer: Im Völkerrecht ist es gar nicht unüblich, dass sich ein Staat bei Streitigkeiten mit einem ande-
SN: Ist das zwischen Demokratien mit funktionierenden Rechtssystemen, wie EU und USA, gerechtfertigt?
„Verzicht auf Schiedsgericht wäre möglich.“
ren Staat einem Schiedsgericht unterwirft. Oder in der neuen Entwicklung des Völkerrechts auch bei Streitigkeiten mit privaten Investoren. Der Hintergrund ist der: Investoren, die in einem anderen Land als ihrem Heimatstaat investieren, wollen sich nicht auf die Gerichtsbarkeit dieses Staates verlassen. Etwa im Fall von Enteignungen oder sonstigen Rechtswidrigkeiten. Sie glauben, die Gerichte sind nicht wirklich unabhängig. In der Folge wäre die Investition nicht sicher.
Das ist die große Frage. Muss man wirklich die Investitionsschutzregelungen installieren, wo doch die USA genauso wie die EU und ihre Mitgliedsstaaten über eine funktionierende Gerichtsbarkeit verfügen? Es gibt einen effektiven Rechtsschutz, die Gerichte sind unabhängig und der Staat kann keinen Einfluss auf sie ausüben. Da ist die Frage sehr wohl berechtigt, ob man nicht auf diese Schiedsgerichtsbarkeit verzichtet. Aus meiner Sicht wäre die Frage eindeutig zu bejahen. Sprich: Man braucht die Schiedsgerichtsbarkeit nicht in einem Abkommen zwischen den USA und der Europäischen Union. Bei anderen Staaten wie Südkorea oder Indien ist es natürlich für Investoren aus der EU nicht zufriedenstellend zu sagen, wir verlassen uns auf die dortige Gerichtsbarkeit.
SN: Auch wenn die Schiedsgerichte in manchen Fällen Sinn ergeben, stehen sie nicht den Verfassungen entgegen?
Österreich hat ja schon Investitionsschutzabkommen abgeschlossen, wo es auch solche Schiedsgerichte gibt. Das ist nie beanstandet worden. Auch in der deutschen Diskussion habe ich nicht mitbekommen, dass die Schiedsgerichtsbarkeit als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen wurde.
SN: Sind Bedenken also nicht berechtigt, dass sich der Staat durch Schiedsgerichte einer Fremdbestimmung unterwirft?
Aus der Luft gegriffen ist es nicht, aber ganz nachvollziehen kann ich es auch nicht. Ein Staat wird ja keiner Fremdbestimmung unterworfen. Er vereinbart mit einem anderen ganz konkrete Regelungen zum Investitionsschutz. Wenn die verletztwerden, kann der Investor sich beim Schiedsgericht dagegen zur Wehr setzen. Natürlich: Je genauer die Regeln sind, desto weniger öff-