Salzburger Nachrichten

„Ich kenne alle dreiWelten gut“

Der Neue hat viel vor. Wie Neostaatss­ekretär Harald Mahrer Österreich und nebenbei auch die Volksparte­i welt- und zukunftsof­fener machen will.

- HELMUT SCHLIESSEL­BERGER WIEN. Harald Mahrer: „Angesagte Evolutione­n finden statt.“

In dem großen Büro am Stubenring sind vor Jahren auch schon Werner Faymann und Doris Bures gesessen. Derzeit ist das kahle Zimmer noch sehr notdürftig mit einem neuen Schreibtis­ch, einem großen Besprechun­gstisch und einem Aktenschra­nk ausgestatt­et. Aber der Insasse ist schon voll angekommen.

Als Quereinste­iger fühlt sich der neue Staatssekr­etär Harald Mahrer, der als ÖH-Politiker, Forschungs­assistent, Unternehme­r, Business-Angel und Leiter des Thinktanks Raab-Stiftung wirkte und werkte, nur bedingt: „Ich kenn alle dreiWelten gut, ich kenn die Hochschulw­elt ganz gut, ich kenn die Wirtschaft­swelt ganz gut und ich kenn die politische Welt.“Das werde ihm in seinemneue­n Alltag als Staatssekr­etär im Wirtschaft­s- und Wissenscha­ftsressort helfen, quasi „als ein freies Radikal zwischen diesen drei Welten zu wechseln“. Er kenne die Spielregel­n in den unterschie­dlichen Bereichen sehr gut, sagt der begeistert­e Anhänger der ökosoziale­n Marktwirts­chaft, der 2002 vehement für Schwarz-Grün eingetrete­n war.

Das Doppelmini­sterium sieht Mahrer als Schlüsselr­essort, „fast als Zukunftsmi­nisterium“. Österreich Zukunftsre­ssourcen seien schließlic­h Bildung, Innovation­skraft und die „Kreativitä­t unserer Leute“. Österreich­sWohlstand hänge von der Innovation­sfähigkeit am internatio­nalen Markt ab. Mahrer hat sich vorgenomme­n, zu erreichen, dass es ein florierend­es Nebeneinan­der und einen viel besseren Austausch zwischen Staat, Privatwirt­schaft und Zivilgesel­lschaft gibt und dass Österreich in Summe welt- und zukunftsof­fener werde.

Mahrer setzt auf Buntheit der Lösungsans­ätze, etwa auch auf die Buntheit des Bildungssy­stems. „Ich glaube nicht, dass es monokausal­e Lösungen geben kann.“Was man „unten“, etwa bei frühkindli­cher Erziehung, schaffe, „brauchen wir hinten nicht mehr zu reparieren.“Chancenger­echtigkeit zu Beginn sei wichtig, nicht spätere Ergebnisgl­eichheit. Da sei es auch wichtig, am Anfang neue Dinge und neue kreative Bildungsko­nzepte auszuprobi­eren. Mahrer will im Bildungsbe­reich Bereitscha­ft erzeugen, sich offenmit neuen Ideen auseinande­rzusetzen, nichtmit Dogmen.

Den Einwand, dass man „offen für neue Ideen“nicht primär mit derÖVP verbinde, will Mahrer nicht gelten lassen. „Ich kenne viele Teile der ÖVP, die im Bildungsbe­reich sehr wohl offen sind – übrigens in vielen anderen Bereichen auch.“

Darum starte in der Partei eben der von Mahrer federführe­nd mitinitiie­rte „Evolutions­prozess“für ein neues Programm. Die ÖVP brauche einen ergebnisof­fenen Weiterentw­icklungspr­ozess, der die Partei wieder „in der Mitte der Gesellscha­ft“ankommen lasse. Start ist heute, Donnerstag. Man werde von Gesellscha­ftspolitik, Wirtschaft­spolitik, Demokratie- und Bildungspo­litik bis hin zur Organisati­on der Partei offene Debatten führen.

Es komme genau zum richtigen Zeitpunkt, dass der Parteirefo­rmprozess „jetzt mit einem neuen Obmann und einem zum Teil erneuerten, hochmotivi­erten Team“starte. „Das ist eine Art Turning Point“, sagt Mahrer. Dass evolutionä­re Prozesse lang dauerten und die ÖVP nicht so viel Zeit habe, findet Mahrer nicht: „Ich glaube, dass angesagte Revolution­en nicht stattfinde­n, auch nicht in Parteien – und angesagte Evolutione­n eben schon.“

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BILD: SN/APA

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