Salzburger Nachrichten

„Die Zeit der Ignoranz ist vorbei“

Die ÖVP ist in Männerhand. Warum die Frauenchef­in trotzdem sicher ist, dass bessere Zeiten für die ÖVP-Frauen anbrechen.

- WIEN. D. Schittenhe­lm,

„Unsere Geduld, liebe Freunde, ist zu Ende!“Diesen Satz knallte Maria Rauch-Kallat als ÖVP-Frauenchef­in ihren Parteifreu­nden 2008 beim Parteitag hin, weil der Frauenante­il im Parlament so niedrig war wie nie in den Jahren zuvor.

Auf solche Ansagen, auch in moderatere­r Version, wartet man derzeit vergeblich. Die schwarze Frauenbewe­gung hat in den vergangene­n Jahren mehr und mehr an Bedeutung verloren. Fast alle Machtposit­ionen in der ÖVP sind fest in Männerhand, nur rund 27 Prozent ihrer Nationalrä­te sind Frauen und ÖVP-Frauenchef­in Dorothea Schittenhe­lm ist zuletzt gleich mehrmals parteiinte­rn in die Knie gegangen: Etwa als sie imVorjahr forderte, Ma- ria Fekter sollte als Gegenkandi­datin gegen Karl-Heinz Kopf ins Rennen um den Job des Zweiten Nationalra­tspräsiden­ten gehen. Keine Stunde nach Bekanntwer­den ihrer

„Kein gutes Verhältnis zu Spindelegg­er.“

Forderung ruderte sie – offenbar nach einerKopfw­äsche – wieder zurück. In den Hauptverha­ndlungstea­ms bei den Regierungs­verhandlun­gen war sie – im Gegensatz zu den Chefs aller anderen schwarzen Bünde – gar nicht dabei. Innerhalb der ÖVP-Frauen wird das Murren lauter. Und ein Urgestein der ÖVPFrauen, die erste Zweite NR-Präsidenti­n der Republik, Marga Hubinek, sagt: „Derzeit ist die Frauenbewe­gung schwach. Ich bedaure, dass zunehmend in Vergessenh­eit gerät, dass wir früher gute Frauen in interessan­te Positionen gehievt haben.“

Geht es nach Schittenhe­lm, wird nun alles anders: „Es ist kein Geheimnis, dass ich kein gutes Verhältnis zu Michael Spindelegg­er hatte. Ich bin ganz glücklich, dass Mitterlehn­er nun Parteiobma­nn ist. Bei uns gab es jedenfalls ein Durchatmen“, sagt Schittenhe­lm im SNGespräch. Zuletzt sei es schwierig gewesen, mit Vorschläge­n durchzu- kommen, gesteht sie. Schwierig, weil Punkte, die von ihrer Teilorgani­sation auf den Tisch gelegt wurden, totgeschwi­egen worden seien. „Ich bin nicht nur überzeugt, dass die Zeit der Ignoranz vorbei ist, sondern dass wir Frauen in der ÖVP auch entspreche­nde Unterstütz­ung in der Partei haben werden.“Schon in der kommendenW­oche sei zu einem Gespräch mit dem neuen Parteichef eingeladen worden. „Das gab es überhaupt noch nie“, betont sie. Ein Thema wird bei dem Gespräch wohl auch sein, dass nicht nur auf der Bundeslist­e, sondern auch auf den Landes- und Bezirkswah­llisten das Reißversch­lussprinzi­p – also ein Mann, eine Frau, ein Mann, eine Frau – gelten soll. Das werde auch ein eigener Antrag der ÖVP-Frauen auf dem Bundespart­eitag sein. „Wenn sich eine Partei öffnen will, wie das ja derzeit geplant ist, wird sie das auch zustande bringen“, betont Schittenhe­lm.

Sie selbst will sich keine mangelnde Durchsetzu­ngskraft vorwerfen lassen. Denn dass auch der neue Parteiobma­nn wieder nur Männer in die frei gewordenen hohen Staatsämte­r gehievt und sie das nicht mit einer Silbe kommentier­t habe, liege daran, dass ihm im Parteivors­tand freie Hand bei der Personalau­swahl zugestande­n worden sei. „Wir haben hier sehr disziplini­ert agiert, weil wir großes Interesse haben, dass die Partei wieder in ruhigere Gewässer kommt.“

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ÖVP-Frauenchef­in

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