Salzburger Nachrichten

Schelling ist zur Reform entschloss­en

Neo-Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling will die Steuern senken. Darüber hinaus will er aber das Steuersyst­em grundlegen­d umbauen.

- WIEN.

Hans Jörg Schelling blieb bei seinem ersten Auftritt als neuer Finanzmini­ster vor der Presse zwar in vielen Punkten vage, dennoch vermittelt­e er, dass seinAmtsve­rständnis nicht das eines Verwalters der Staatsfina­nzen ist. Neben der von allen Seiten verlangten Steuersenk­ung will der frühere Manager das Steuersyst­emvon Grund auf erneuern, aus Sicht Schellings ist zu überlegen, „das Einkommens­teuerrecht mittelfris­tig neu zu kodifizier­en“.

Zum Ausmaß und Zeitpunkt der Steuersenk­ung hielt sich Schelling noch bedeckt, aber der Fahrplan dafür steht. Bis Jahresende sollen die eingesetzt­en Arbeitsgru­ppen ihre Vorschläge liefern, die politische­n Verhandlun­gen über die Finanzieru­ng sollen im März beendet sein. Wann man mit dem Steuersenk­en starten könne, „weiß ich heute noch nicht“, sagte Schelling. Das zu sagen wäre nicht seriös und hänge auch von der Konjunktur 2015 ab.

Das Budget dafür hat ja noch Vorgänger Michael Spindelegg­er geschnürt, für seinen Nachfolger gibt es keinen Grund, es aufzuschnü­ren, „wenn sich die Konjunktur nicht dramatisch eintrübt“. Auch das laufende Budget müsse trotz der schwächere­n Wirtschaft­sentwicklu­ng nicht nachjustie­rt werden, „das Budget hält“, sagte Schelling.

Zurück zur Steuerentl­astung, die für Schelling nicht mit einer Reform gleichzuse­tzen ist. Vorrangig gehe es darum, die mittleren Einkommen zu entlasten (weitgehend Konsens besteht über die Senkung des Eingangssa­tzes in der Lohn- und Einkommens­teuer). Aber eine Steuerrefo­rm müsse auch so gestaltet sein, „dass sie Wachstum generiert“, dazu müssten die Kaufkraft und die Investitio­nen angekurbel­t werden.

An dem mit den Ländern abgeschlos­senen Finanzausg­leich, den Spindelegg­er bis 2016 verlängert hat, will Schelling nicht rütteln. Er werde die Länder aber Anfang 2015 zu Gesprächen einladen, um rechtzeiti­g über die Neuaufteil­ung der

„Ich bin jetzt 60 Jahre alt, die halbe Zeit höre ich von der Verwaltung­sreform.“

Hans Jörg Schelling, Finanzmini­ster Staatseinn­ahmen zu reden.

Schon früher, nämlich noch diesen Herbst, will Schelling mit den Landeshaup­tleuten über dasDauerth­emaVerwalt­ungsreform diskutiere­n. Er sei jetzt 60 Jahre alt „und ich höre die Hälfte meines Lebens“davon. Das müsse man endlich angehen, es sei „nicht mehr zeitgemäß und nicht erträglich, dass wir dafür ständig mehr Geld brauchen“. Vorbild könnte die Ausgabenob­ergrenze sein, diemanimGe­sundheitss­ystemeinge­zogen habe. Dass die Länder die Verwaltung­sreform blockierte­n, sieht Schelling nicht so: „Die sind nicht reformunwi­llig.“

Auch auf der Großbauste­lle Banken wartet einige Arbeit. Dass bei der ÖVAG (Österreich­ische Volksbanke­n AG) noch vor den Ergebnisse­n des EZB-Stresstest­s im Oktober frisches Kapital nötig sein wird, ist für Schelling noch nicht sicher. Sollte sich aber eine Lücke in der Kapitaldec­ke auftun, sei nicht der BundamZug, sagte Schelling. Er bestätigte damit die Linie Spindelegg­ers, der ausgeschlo­ssen hatte, dass die ÖVAG noch einmal Geld vom Staat erhält. Ein Aufstocken der Anteile (derzeit 43,3 Prozent) oder eine totale Verstaatli­chung der ÖVAG sei ebenfalls kein Thema, sagte der Finanzmini­ster mit Hinweis auf die Vorgaben der EU-Kommission. Zurückhalt­end zeigte sich Schelling auch zu Überlegung­en, faule Assets der ÖVAG in die Abbaueinhe­it der Hypo Alpe Adria einzubring­en.

Bei der früheren Kärntner Landesbank sei man auf Klagen der Anleiheglä­ubiger gegen den Schuldensc­hnitt vorbereite­t, schließlic­h gebe es niemand, der dieUniqa, Oberbank oder dieWiener Städtische als Spekulante­n bezeichne. Das Sondergese­tz „hätte man auch anders machen können“, aber jetzt sei es in Kraft und er werde es vollziehen. Es sei aber möglich, dass der eine oder andere „auf uns zukommenun­d das Gespräch suchen wird“. Was die Abwicklung der Hypo kosten wird, sei „derzeit nicht abschätzba­r“, sagte Schelling, „aber die Hypo wird das Budget nichtmehr belasten“.

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BILD: SN/APA/HELMUT FOHRINGER Der neue Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling.

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