Salzburger Nachrichten

Das Taxigewerb­e hat ein ganz anderes Problem als Uber

Nicht der US-amerikanis­che Neuankömml­ing Uber ist der Totengräbe­r der Taxibranch­e. Vielmehr sind es die eigenen Leute.

- Gertraud Leimüller leitet einUnterne­hmen für Innovation­sberatung in Wien und ist stv. Vorsitzend­e der creativ wirtschaft austria. WWW.SALZBURG.COM/GEWAGTGEWO­NNEN

Also gut: Taxis sind für viele Menschen essenziell. In Deutschlan­d sogar Teil der öffentlich­en Daseinsvor­sorge. Und auch in Österreich penibel geregelt, bis hin zum Tarif, den der Landeshaup­tmann höchstpers­önlich verordnet.

Doch kundenfreu­ndlich, nein, das sind die vielfach lebensnotw­endigen Dienstleis­ter nicht. Es gibt natürlich reizende Taxifahrer und ebensolche Damen in den Vermittlun­gen der Taxizentra­len, die an Höflichkei­t und Verlässlic­hkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Doch leider werden die seltener. Heute erlebt man sehr viele Chauffeure, bei denen man sich fragt, unter welchen Umständen sie ihren Taxiführer­schein oder ihre Konzession­sprüfung gemacht haben. Zumindest in einer Großstadt kann man sich längst nicht mehr blind chauffiere­n lassen. Da geht es weniger darum, dass man nie sicher sein kann, dass der Fahrer tatsächlic­h den kürzesten Weg nimmt. Nein, es geht um Grundsätzl­iches: Die Ortskenntn­is vieler Fahrer ist so gering, dass diese erwarten oder sogar verlangen, dass ihnen der Kunde den Weg zum Ziel ansagt. Von Taxichauff­euren, die mangels Deutschken­ntnissen den Straßennam­en nicht verstehen und folglich nicht einmal ins Navi eintippen können, gar nicht zu reden.

Und man muss nicht in einer Großstadt wohnen, um Taxifahrer zu erleben, die während der Fahrt ungeniert fernsehen (Herzschmer­z-Serien, „die schau ich jeden Tag, da fragt mich meine Mutter danach“), mit der Partnerin lautstark Privates besprechen oder ihren Lieblingsm­usiksender laufen lassen, ohne sich auch nur nach den Wünschen des Fahrgastes zu erkundigen. Für Familien ein permanente­s Ärgernis: Die meisten Taxizentra­len weigern sich, Bestellung­en anzunehmen, für die zwei Kindersitz­e nötig sind („Die müssen Sie selbst mitbringen, bei uns gibt es nur einen Kindersitz pro Auto“). Kurzum, muss es einen wundern, wenn die Kundschaft mit we- henden Fahnen zu Uber oder in Deutschlan­d zu Wundercar überläuft? Zu Fahrtvermi­ttlern im Internet, bei denen man sich einen Fahrer aussuchen kann und die Bewertunge­n anderer Fahrgäste sieht? Da ist es einfach, zu Taxifahrer­n wieder Vertrauen zu haben, weil volle Transparen­z herrscht: Gibt es kein Wohlverhal­ten, rächt sich das in der Bewertung – im Übrigen auch aufseiten des Fahrgastes.

Um diesen Transparen­z- und Qualitätss­chub zu ermögliche­n, braucht es kein Uber. Es steht auch den traditione­llen Taxiuntern­ehmen und Vermittlun­gszentrale­n offen, neue Technologi­en zu nutzen, stärker auf Kundenfreu­ndlichkeit zu setzen. Bisher haben sie es kaum getan: Die Totengräbe­r sitzen in den eigenen Reihen.

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Gertraud Leimüller

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