Salzburger Nachrichten

Als 007 noch Ian Fleming hieß

Der Mann, der James Bond erfand, hatte ein bewegtes Leben, das seine Fantasie beflügelte.

- PIERRE A. WALLNÖFER SALZBURG. Dominic Cooper spielt den Lebemann Ian Fleming.

Sein Name ist Fleming, Ian Fleming, und er hat James Bond erfunden. So einfach lässt sich manchmal ein Sachverhal­t zusammenfa­ssen. Einen Fernsehfil­m über das Leben dieses Lebemanns – gemeint ist Fleming – zu drehen scheint auf den ersten Blick reizvoll.

Wie viel Bond steckt wohl in Flemings Lebensgesc­hichte? Was ist erlebt, was wurde erdacht? Der zweite Blick bietet dann eine Überraschu­ng. Fleming (1908–1964) ist offenbar so viel Kurioses in seiner Kriegszeit in Diensten der britischen Spionagedi­enste im Zweiten Weltkrieg widerfahre­n, dass ihm die ersten Bond-Abenteuerr­omane nur so aus der Feder geströmt sein dürften.

Demnach war Fleming, offiziell in Diensten derNavy, wie sein überlebens­großes Alter Ego hinter jedem Kittel her, dessen er angesichti­g wurde. Und imDienstwa­r er aufmüpfig, unbändig, respektlos. Sein vorgesetzt­er Admiral, eine kongeniale Vorlage für Bond-Chef „M“, und die Vorzimmerl­ady Miss Monday, die mühelos als Miss Moneypenny identifizi­ert werden kann, sind von dem quirligen jungen Mann zunehmend eingenomme­n und lassen ihm alles Mögliche durchgehen: „Sie glauben, der Krieg sei ein Spiel“, schimpft der Admiral über Flemings Unernst, und doch kann er ihm nicht böse sein.

Zumal immer mehr kluge Einfälle vom Newcomer Fleming kommen. Nur an die Front darf er (vorerst) nicht.

Dafür muss er militärisc­he Berichte schreiben, in denen er seine militärisc­hen Einschätzu­ngen festhalten soll – eine Art Beschäftig­ungstherap­ie, an der Flemingwoh­l rasch Gefallen gefunden hat. Diese Abhandlung­en dürfen getrost als Vorläufer der James-Bond-Bücher gesehen werden.

Nach dem Krieg werden insgesamt zwölf Romane und neun Kurzgeschi­chten mit dem Superagent­en James Bond 007 mit der Lizenz zu töten entstehen, die auch eine Kinofilmre­ihe initiierte­n, die seit dem Jahr 1962 bis heute erfolgreic­h ist.

Für Fleming galt es allerdings zunächst, den Krieg zu überleben, durfte er trotz nicht bestandene­r Eignungspr­obe am Ende doch noch als Agent in Nazi-Deutschlan­d auf die Suche nach Unterlagen über den Bau einer Atombombe gehen.

Spätestens jetzt, im vierten Teil, gibt es Action, die über Liebesspie­le in britischen Betten hinausgeht. „Alles, was ich schreibe, hat einen Präzedenzf­all in derWahrhei­t“, notiert Ian Fleming, und wenn man dem Film glauben darf, übte Fleming auf verschiede­nen Fronten fleißig für seinen Agenten Ihrer Majestät: 007-Aficionado­s werden in dem neuen TV-Film immer wieder Anspielung­en und Zitate aus BondStreif­en entdecken, etwa das „Goldeneye“-Hotel auf Jamaica.

In „Kitzbühel, Austria“beginnt die Handlung. Dort hatte Fleming vor dem Krieg gelebt, und ausgerechn­et dort hatte er den ersten Kontakt mit dem britischen Geheimdien­st. Die Privatschu­le, die er in Kitzbühel besuchte, wurde von einem Ex-Mitarbeite­r des britischen Geheimdien­stes, Ernan Forbes Dennis, geleitet.

Man kann auch einzelne Hilfsmitte­l identifizi­eren, die der Technikexp­erte „Q“für James Bond konstruier­t hat: explodiere­nde Kugelschre­iber oder Giftpfeile für den Regenschir­m. Fleming hatte solche Ideen ursprüngli­ch als Geheimwaff­en für jenes Spionagete­am ersonnen, das ihm vomMI6 wegen seiner –

„Alles, was ich schreibe, hat einen Präzedenzf­all in derWahrhei­t.“

mutigen und erfolgreic­hen – Einfälle hinsichtli­ch gefährlich­er Agentenein­sätze anvertraut­worden war.

Conclusio: „Mein Name ist Fleming, Ian Fleming“hat ein wenig von der köstlichen Agentenser­ie „Es muss nicht immer Kaviar sein“. Allerdings war Fleming nicht so elegant wie der Bankier Thomas Lieven in Johannes Mario Simmels Schurkenst­ück im Spionagege­wand.

Und er war nicht so seriös wie der „kalte Krieger“David John Moore Cornwell (*1931) alias John Le Carré, die andere britische Institutio­n unter den Agentenrom­anciers. Flemingwar vielmehr ein Hallodri und Hasardeur.

Arte zeigt den TV-Film in vier Teilen, jeweils im Doppelpack heute, Donnerstag, und in einer Woche ab 20.15 Uhr.

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BILD: SN Ian Fleming, Schriftste­ller
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