Salzburger Nachrichten

Eltern des kranken Buben frei

Sie wollten eine bessere Behandlung für ihr Kind im Ausland und wurden dafür festgenomm­en. Nach ihrer Freilassun­g wollen die Behörden helfen. Und die Eltern wollen klagen.

- RALPH SCHULZE LONDON, MADRID.

Erst wurden sie kriminalis­iert und eingesperr­t. Dann folgte eineWelle der Solidaritä­t. Und schließlic­h das Happy End: die Freilassun­g von Naghemeh und Brett King, jenen britischen Eltern, deren Kampf um das Leben ihres fünfjährig­en krebskrank­en Sohnes Ashya vorübergeh­end in einem spanischen Gefängnis endete. Nachdem der britische Haftbefehl gegen die Eltern Dienstagab­end aufgehoben worden war, konnten Mutter und Vater ihr Kind am Mittwoch wieder in die Arme schließen. Sie wollen Ashya, der an einem Hirntumor leidet, im Ausland mit einer neuen Protonenbe­strahlung behandeln lassen. Diese ist in England noch nicht verfügbar und gilt als weniger aggressiv als die konvention­elle Therapie mit Röntgenstr­ahlen. Erschöpft verließen die Kings nach drei Tagen hinter Gittern die Haftanstal­t Soto del Real naheMadrid. „Wir danken Spanien und England dafür, dass sie uns geholfen haben“, sagte Brett King. Sie habe im Gefängnis nur „geweint und gebetet“, bekennt Naghemeh King.

Das Drama begann vor einerWoche mit der Entscheidu­ng der Eltern, Ashya ohne Erlaubnis der Ärzte aus einem Krankenhau­s im englischen Southampto­n zu holen. Sie hatten, nach heftigem Streit mit den Ärzten über die Behandlung, das Vertrauen verloren und wollten deswegen im Ausland Hilfe suchen. Das Spital fürchtete um das Leben Ashyas und alarmierte die Polizei.

Am Wochenende wurde die Familie in Südspanien entdeckt, wo die Kings eine Ferienwohn­ung besitzen. Die Eltern wurden festgenomm­en, landeten in Auslieferu­ngshaft. Ashya, der nicht sprechen kann und von einerNahru­ngssonde abhängig ist, kam in ein Krankenhau­s in der 530 Kilometer entfernten Stadt Málaga. Dort stellte man schnell fest, dass Ashya von seinen Eltern korrekt versorgt wor- den war und keine Gefahr bestand.

Zehntausen­de Menschen forderten die Freilassun­g der Eltern und unterstütz­ten ihre Position, über die medizinisc­he Behandlung selbst bestimmen zu dürfen. Fast 250.000 Menschen unterzeich­neten eine entspreche­nde Petition.

Sogar der britische Regierungs­chef David Cameron, der selbst 2009 einen sechsjähri­gen Sohn nach schwerer Krankheit verlor, setzte sich für die Kings ein: „Es ist wichtig, dass dieser Bub Behandlung und die Liebe seiner Familie bekommt.“Gesundheit­sminister Jeremy Hunt bedauerte die „unglücklic­he Folge von Ereignisse­n“. Er versprach, einen Krebsexper­ten nach Spanien zu schicken, um die Eltern „über die richtige Behandlung für Ashya“zu beraten.

Derweil kündigten die Kings über ihren spanischen Anwalt an, dass sie das Krankenhau­s in Southampto­n, welches die Fahndung mit „falschen“Anschuldig­ungen verursacht habe, verklagen wollen. Es sei „völlig unverständ­lich“, dass Eltern festgenomm­en werden, „die für ihr Kind kämpfen“, um ihm eine „bessere Behandlung“zu ermögliche­n.

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BILD: SN/FACEBOOK Naghemeh King konnte ihren Sohn Ashya wieder in die Arme schließen.

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