Jungstar zahlte noch Lehrgeld
Erst Tomáš Berdych beendete Dominic Thiems Erfolgslauf bei den US Open. Wie der Tennis-Shootingstar sein Achtelfinal-Aus analysiert und Experten seine Zukunft sehen.
Eine Night Session hatte sich Dominic Thiem gewünscht – und schließlich auch bekommen. Es sollte aber das einzige Geschenk wenige Stunden vor seinem 21. Geburtstag bleiben. Geschenke zu verteilen, dazu war Tomáš Berdych im Achtelfinale der US Open ganz und gar nicht bereit. Ähnlich wie Rafael Nadal in Paris erteilte die Nummer sieben derWelt Österreichs TennisShootingstar eine Lehrstunde. 6:1, 6:2, 6:4. Was bleibt, ist der größte Erfolg und mit 143.000 Euro größte Siegerscheck seiner noch blutjungen Karriere sowie der Einzug in die Top 40. Und viel wichtiger noch: Die Erkenntnis, was ihm noch fehlt auf die Besten der Besten.
„Berdych hat mir gezeigt, was der Unterschied von einem Top-50Spieler zu einem Top-Ten-Spieler ist. Aufschlag, Rückschlag, Grundschläge, Beinarbeit, Tempo, Stabilität. Ich muss das alles verbessern, wenn ich auch einmal dorthin will, wo er seit Jahren steht“, analysiert Thiem trocken. Der 28-jährige Tscheche habe ihm eben die Grenzen aufgezeigt.
Thiem hatte sich mehr vorgenommen, wollte sich teurer verkaufen und gestand daher: „Über das
„Dominic hat noch viel Luft nach oben.“
Match bin ich mehr enttäuscht als froh über die Erfolge zuvor.“Mit ein wenig Abstand werden aber auch beim Kitzbühel-Finalisten Freude und Stolz über das Erreichte überwiegen. Und das war mehr, als sich jeder Fan und er selbst erhoffen durfte. „Drüber schlafen und weiterarbeiten“, ist Thiems Erfolgshunger trotzdem oder vielleicht ge- rade wegen der großen Lücke zu den Topstars weiter ungebrochen.
Vergleiche sollen nicht überstrapaziert werden, aber um die Leistung des nun 21-Jährigen noch einmal zu verdeutlichen: Thiem stand als einziger Ungesetzter, als erst sechster Österreicher im Achtelfinale eines Grand Slam, zuletztwar dies Jürgen Melzer 2010 gelungen. Und das bei seinem vierten Antreten, dem ersten bei den US Open. Roger Federer schaffte dies ebenfalls bei seinem vierten Major-Start, viele andere Topstars benötigten zum Teil deutlich mehr Anläufe.
Noch ist Thiem aber freilich weit entfernt von den Erfolgen von Federer, Melzer und Co. Seine Entwicklung jedoch ist vielen Experten nicht entgangen. Spätestens seit Jahresbeginn wird Thiem als eine der heißesten Aktien imWelttennis gehandelt. John McEnroe etwa schwärmt vom „Dominator“, ebenso MatsWilander, der Thiem schon seit seinen Juniorenzeiten beobach- tet. „Eine sehr rosige Zukunft“prophezeit Brad Gilbert Österreich dank Thiem. „Egal, mit wem man spricht, es ist jeder angetan von dem Jungen“, erzählt Österreichs ehemaliger Topspieler und jetziger TV-Experte Alexander Antonitsch. „Das Schönste daran ist, dass noch so viel Luft nach oben ist.“Aber, und das sei das Wichtigste, Thiem müsse man Zeit geben. Man dürfe nicht erwarten, dass der steile Aufstieg in diesem Tempo weitergeht. Antonitsch glaubt wie Thiems Trainer undMentor Günter Bresnik: „In zwei bis drei Jahren kann er umgroße Titel spielen.“
Thiem selbst hat sich zum Ziel gesetzt, bei denAustralian Open gesetzt zu sein. Da müsste er bis Jänner zu den besten 32 Spielern gehören. Um das zu erreichen und bestens vorbereitet ins letzte Saisonviertel zu gehen, verzichtet derNiederösterreicher schweren Herzens auf den Davis Cup in Lettland. „Ich brauch einfach eine Pause.“