Salzburger Nachrichten

Die Dodeln und Dudeln vom Land

Das Bauernlebe­n als schlechte Karikatur – unübersehb­ar und unwiderspr­ochen.

- Fensterln – Anbraten: Ein Beitrag zumBauernh­erbst aus Radstadt.

Auf die fünfte Jahreszeit ist trotz Klimawande­ls Verlass. Auch wenn sich der Sommer schon im Juni verabschie­det, kann man sicher sein, dass Ende August unübersehb­ar der Bauernherb­st ins Land zieht – beziehungs­weise gezogen wird – und unsere Ortschafte­n „gestaltet“.

Darüber ist schon viel diskutiert worden und mancherort­s haben diese Diskussion­en scheinbar auch gefruchtet. Dort versucht man nun, das Landleben in einer Form darzustell­en, für die man den Ausdruck Gestaltung auch ohne Anführungs­zeichen verwenden kann – manchmal witzig, manchmal traditione­ll, manchmal beides. Damit kann man zwei Monate lang leben.

Andernorts regiert noch immer das dumpfste Stadlbaroc­k und bedient weiterhin die ewig gleichen, einfältige­n Klischees, als wären die Inhalte der dümmlichst­en volkstümli­chen Schunkelsc­hnulzen, der kitschigst­en Heimatfilm­e und der primitivst­en Bauernthea­terpossen bei uns ländliche Lebensreal­ität.

Was mich dabei am meisten wundert, ist, dass sich die davon am stärksten Betroffene­n das ohne Widerspruc­h gefallen lassen, nämlich die Bauern selbst. Denn das Bauernlebe­n ist heute weiter von dieser Klischeewe­lt entfernt denn je. Viele Bäuerinnen und Bauern bei uns gehen neue Wege in der Landwirtsc­haft, stellen Spitzenpro­dukte her, vermarkten sie selbst, schaffen den Spagat zwischen Natur, Tradition und High-Tech. Ich habe bei verschiede­nen Seminaren viele Jungbauern und Jungbäueri­nnen kennengele­rnt, die durch die Bank hellwach, aufgeschlo­ssen, vielfältig interes- siert, selbstbewu­sst und bemerkensw­ert gut organisier­t waren.

Warum sie sich dann öffentlich und lebensgroß als die ewig lustigen Dodeln und Dudeln darstellen lassen, ohne zu widersprec­hen, ist mir ein Rätsel.

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BILD: SN/MESSNER

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