Europa stolpert mutlos und ratlos durch die Krise
Europas Zentralbank kann Geld noch so billig machen: All das verpufft, wenn die Politiker sie im Kampf gegen die Krise alleinlassen.
In Europa tritt die Konjunktur auf der Stelle, in den großen Volkswirtschaften stagniert das Wirtschaftswachstum, die Zahl der Arbeitslosen ist hoch, und über allem schwebt die Angst vor der Deflation. Die Sorge vor der Abwärtsspirale reißt auch die Stimmung in den Keller. Die Folge: Unternehmen halten Investitionen zurück, Verbraucher schränken den Konsum ein und Banken bleiben auf dem vielen Geld sitzen, das ihnen die EZB zu Sonderkonditionen zuschiebt. Dazu kommt die Beunruhigung durch den UkraineKonflikt. Eine kriegerische Auseinandersetzung nahe der EU-Außengrenze trägt nicht eben dazu bei, dass die Menschen optimistisch in die Zukunft blicken.
Jetzt sollen es wieder einmal die Notenbanker richten. Europas Zentralbank hat den ohnehin niedrigen Leitzins erneut gesenkt, ein Verzweiflungsakt. Sie wirkt angesichts der anhaltenden Konjunkturschwäche ratlos und greift zu einer Maßnahme, von der sie schon ahnt, dass sie wenig bringen wird. Vielleicht verzichten ein paar Banken darauf, Geld bei der EZB zu parken, weil der Strafzuschlag nun 0,2 statt 0,1 Prozent beträgt. Aber zu hoffen, dass deshalb der Konjunkturmotor anspringt, ist falsch. Offen ist auch, was der größenmäßig noch nicht definierte Kauf verbriefter Unternehmenskredite und garantierter Bonds bringt, außer einer Aufblähung der Bilanz der EZB.
Niedrige Zinsen ändern nichts am Problem, dass sich die Privatwirtschaft nicht verschulden und kein Risiko eingehen will, um in Wachstum und Jobs zu investieren. Zu groß ist die Unsicherheit, dass sich die Lage weiter verschlechtern könnte und man sein Geld daher besser zusammenhält. Da gleichzeitig auch die Staaten sparen, die vor und in der Krise hohe Schuldenberge aufgehäuft haben, bleibt die wirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone flau, während sich die US-Volkswirtschaft langsam wieder hocharbeitet.
Damit Europa zu Wachstum zurückkehrt und die Zahl der Arbeitslosen sinkt, ist Mut gefragt. Den Menschen fehlt die Zuversicht. Sie bezweifeln, dass die Politik die richtigen Weichen stellt, und das drückt auf das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Es fehlt Europa nicht an innovativen Unternehmern, es besteht kein Mangel an gut ausgebildeten Arbeitskräften. Damit dieses Potenzial genutzt wird, muss aber ein Ruck durch Europa gehen. Den Anstoß dazu müssen die Politiker in jedem Land geben. Sie müssen die Probleme anpacken, dort sparen, wo es geht, und dafür bereit sein, Geld für Zukunftsinvestitionen auszugeben. Nur dann werden auch die Menschen wieder Mut und die Wirtschaft in Europa wieder Tritt fassen.