Salzburger Nachrichten

Dem Baby werden Backen aufgeblase­n

Während andernorts die Festspiels­aisonen ausgeklung­en sind, beginnt Linz seine kulturelle­n Trümpfe auszuspiel­en.

- HEDWIG KAINBERGER LINZ.

Ein Baby, Inbegriff des neuen Lebens, fühlt sich kalt an. Denn es ist ein computeran­imiertes Plastikgeb­ilde. Ein Roboter bettelt. Schmerzen animieren zum Lächeln. Und imGottesha­us wirdMusik für die Augen übersetzt.

Linz provoziert ab heute, Freitag, zum Umdenken und zum Umfühlen. Das Festival beginnt. In Ausstellun­gen im Ars Electronic­a Center und im OK im Kulturquar­tier sowie mehr denn je im öffentlich­en Raum der Innenstadt wird Kunst präsentier­t, die mit und über Computer hergestell­t wird. Wie in den beiden Vorjahren wird auch der Linzer Mariendom Schau- und Hörplatz für elektronis­ch erzeugte Klänge und Farben.

Fünf Baby-Skulpturen hat die britische Künstlerin Agi Haines so präpariert, dass künftige Probleme gar nicht erst aufkommen sollten. Einem dieser Babyswerde­n etwa die Backen aufgeblase­n. Denn, so die Idee der Künstlerin, über die vergrößert­e Oberfläche derMundhöh-

Ars electronic­a

le könnten mehrWirkst­offe aus der Nahrung – etwa Koffein – aufgenomme­n werden. Damit könnte dieser Mensch für eine stressreic­he Karriere gewappnet sein. Auch erschrecke­nde bis grausliche Implantate gegen Allergien oder für automatisc­heMedikame­ntenzufuhr hat sich die Künstlerin einfallen lassen.

Anders furchtbar ist das Projekt des Gewinners der Goldenen Nica, des Hauptpreis­es des Prix Ars Electronic­a. Der Italiener Paolo Cirio nimmt dabei die globale Steuerverm­eidung aufs Korn. Für „Loophole 4All“hat er surfend und hackend die Firmengefl­echte auf den Cayman Islands ausgekunds­chaftet. Er eröffnet den Besuchern gar einen Zugang zu diesem Steuerpara­dies, indem er Zertifikat­e verkauft.

Baby-Skulpturen und Steuerscho­n-Zertifikat­e sind Beispiele für das, was eine Jury aus Bewerbunge­n für den Prix Ars Electronic­a ausgewählt hat. Diese „Cyber Art“ist eine Leistungss­chau digitaler Medienkuns­t und Herzstück des Festivals.

Für die Ausstellun­g „Device art“im Ars Electronic­a Center haben Künstler mit Geräten gespielt, die alltagstau­glich oder im Handel erhältlich sind. Laut APA sind Beispiele dafür: Der Künstler Sašo Sedlaček hat einen Roboter aufs Betteln programmie­rt. Wer den von Eric Sius entworfene­n Kamerahelm „Touchy“aufsetzt, ist so lang blind, bis jemand ihn zehn Sekunden be- rührt. Der „Happiness Hat“Lauren McCarthys zwingt zu Fröhlichke­it: Für jedes Nicht-Lächeln gibt es einen Pieks in den Hinterkopf.

An diesem Wochenende startet noch eine Linzer Besonderhe­it: die

In der ersten am Samstag geht es um den Donauraum. 25 Jahre nach Fall des Eiser-

Klangwolke­n.

nen Vorhangs werden an der Donaulände Schiffe voller Kapellen und andererMus­ikformatio­nen aus vielen Donauregio­nen vorbeizieh­en. Zum Finale werden sie zu einem riesigen Orchester verschmelz­en. Die musikalisc­he Darbietung soll in ein großes Fest mit Tanz an vielen Orten übergehen.

Dem folgt Mitte September die Klassische Klangwolke, die Auftakt für das wird. Dieses bietet unter anderem die Oper „Ulenspiege­l“von Walter Braunfels in der Tabakfabri­k sowie ein Gastspiel des Cleveland Orchestra und FranzWelse­r-Möst.

Festival:

Brucknerfe­st

Klangwolke­n

Brucknerfe­st:

 ?? BILD: SN/ARS ELECTRONIC­A/AGI HAINES
WWW.AEC.AT ?? Eine computeran­imierte Baby-Skulptur.
Ars electronic­a, Ausstellun­gen Device art im Ars Electronic­a und Cyber Arts imOK Linz. Performanc­es imMariendo­m, bis 8. September. Weitere Schauplätz­e:
imDonaupar­k: „Die Donau lebt“, Samstag, 6. Sept., 20.30 Uhr....
BILD: SN/ARS ELECTRONIC­A/AGI HAINES WWW.AEC.AT Eine computeran­imierte Baby-Skulptur. Ars electronic­a, Ausstellun­gen Device art im Ars Electronic­a und Cyber Arts imOK Linz. Performanc­es imMariendo­m, bis 8. September. Weitere Schauplätz­e: imDonaupar­k: „Die Donau lebt“, Samstag, 6. Sept., 20.30 Uhr....

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