„Warum?“ist eine falsche Frage
Gunkl unternimmt einen neuen, geistreichen Parcours zu „Blüten an menschlichen Schwächen“.
Warum blitzt und donnert es? Der kleine Günther Paal hat diese Frage oft gestellt und immer dieselbe Antwort bekommen: Der Donner folge auf den Blitz, und über Sekundenzählen lasse sich die Entfernung des Blitzes ermitteln. Das hat den Buben gewundert, denn er hatte ja gar nicht wissen wollen, wie weit der Blitz entfernt ist, zu dem er sowieso nicht hinwollte. Es regnete!
Weil der kleine Günther sich in derselben Tugend, nämlich der Logik, geübt hat wie nun der große, der sich als Kabarettist Gunkl nennt, folgert dieser: Wenn viele Leute dieselbe Antwort geben, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass dies richtig ist. Ergo hat er die richtige Antwort auf die falsche Frage bekommen! Später wird er enthüllen: Was heißt schon „warum“? Wer draufkommen wolle, wie die Welt funktioniere, müsse fragen: Woher? Oder: Wozu?
Ist das lustig? Zum brüllenden, schenkelklopfenden Lachen verführt es nicht, aber es ist intelligent und witzig. Dieser Befund stimmt für vieles im neuen Kabarettprogramm, das Gunkl am Mittwochabend zur Saisoneröffnung im Stadtsaal inWien erstmalszumBesten gegeben hat. Nun wird er mit „So Sachen – ein Stapel Anmerkungen“im Stadtsaal auftreten und ab Oktober durch Österreich sowie nach München und Zürich touren. Gunkl spielt im neuen Programm seine Stärken aus. Die liegen nicht so sehr im Erzeugen von Lachsalven, sondern in feinen Gefechten – auch süffisanter Spiegelfechterei – mit Gedankengängen undWörtern.
Er klaubt im Sprachschatz herum und betreibt köstliche Bedeutungsdurchleuchtungen. Etwa die: Was ist ein „Arbeitnehmer“, was ein „Arbeitgeber“? Als Arbeiterkind habe er das so verstanden: „Wer arbeiten geht, gibt Arbeit, und wer dafür Geld gibt, nimmt die Arbeit.“Wie könne einer Geld und Arbeit nehmen? Kein Wunder, dass die Gewerkschaft nichts weiterbringe, wenn sie für Arbeitnehmer eintrete!
Sind Erwachsene blöd? Diese Frage hat amkleinen Günther so genagt, dass sie auch Gunkl umtreibt. So befasst er sich und sein Publikum im neuen Programm exzessiv mit den „Jaaa!“-Rufen auf die blöde Kasperl-Frage an alle sowieso Anwesenden: „Seid ihr alle da?“
Von diesem Gruppen-Jaaaa! hantelt Gunkl sich zu Motivationsseminaren, in denen man lernt, zu wollen, was man eh muss. Der Exkurs über das sich vom Komischen ins Gefährlichewandelnde kollektive Jaaa! führt hin zu „einem kleinen hässlichen Mann im Sportpalast in Berlin“, also Joseph Goebbels und dessen Frage: Wollt ihr den totalen Krieg? Hier wie andernorts im geistreichen Parcours zu „Blüten aus dem horizontumspannenden Bouquet an menschlichen Schwächen“kann’s passieren, dass er ins Belehrende und Moralpredigende abgleitet, aber sonst ist’s recht lustig.
Kabarett: