Die neue Art von Krieg
Wie der Terror der IS bekämpft werden kann und welche Rolle heimische Blauhelme spielen.
Fast täglich ziehen Personen aus Österreich in den Dschihad oder kehren von dort ins Land zurück. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verfügt über ein perfektes Rekrutierungsnetzwerk. Wie man diesem Einhalt bieten kann, untersucht Brigadier Walter Feichtinger, Militärstratege für Friedenssicherung im Verteidigungsministerium.
Er spricht von einer „neuen Art von Kriegsführung“, auf die man anders reagieren müsse, als Militärs bisher gewohnt waren. Hier stünden sich nicht feindliche Staaten gegenüber, sondern Staaten seien mit nicht staatlichen Gruppierungen konfrontiert, die sich nicht an die bisherigen Regeln – das Völkerrecht – hielten. „Sie gehen mit einer Brutalität vor, wie wir sie aus dem Mittelalter kennen. Hier werden ganze Minderheiten ausgelöscht undMenschen vor laufender Kamera abgeschlachtet. Aus dem Irak hören wir, dass Personen, die auf die IS treffen, sofort davonlaufen. Das ist psychologische Kriegsführung“, sagt Feichtinger.
Und eine asymmetrische Kriegsführung, die die Stärken des Gegners unterlaufe und so zur Schwäche mache. Feichtinger nennt ein Beispiel: „Der IS nimmt Menschen als Schutzschilder, wodurch die USA ihre Luftüberlegenheit, wenn sie mit Flugzeugen angreifen, nicht ausspielen können.“
Dem könne erstens nur damit begegnet werden, indem die europäischen Staaten und ihre In- nenministerien eng kooperieren und die Ausreise von Kämpfern in den Irak und nach Syrien und ihre Rückkehr unterbinden. Zweitens brauche es mehr humanitäre Hilfe, wie sie Österreich leiste. Erst kürzlich beschlossen Kanzler, Vizekanzler und das Außenministerium, den Nordirak mit einer Million Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds zu unterstützen. Und dann brauche es noch indirektes militärisches Engagement, wie es Deutschland mit seinen Waffenlieferungen an die Kurden im Irak mache.
Für kleine Staaten wie Österreich ist es laut dem Experten am zielfüh- rendsten, wenn ihre Armeen in internationalen Konflikten das leisten, was sie am besten können. Für Österreich hieße das, sein Können bei Friedensmissionen verstärkt einzusetzen. Feichtinger verweist auf die Einsätze im Kosovo und in Bosnien. „Da haben wir bewiesen, dass wir ein Gespür für vertrauensbildende und friedenssichernde Maßnahmen haben“, sagt er. Deshalb schließt er eine Rückkehr österreichischer Soldaten auf die Golanhöhen, die erst vor rund einem Jahr von dort abgezogen worden waren, nicht völlig aus. Dazumüsse sich aber die Situation in Syrien beruhigt und „die UNO ihr Friedensmandat erweitert“haben.
39 Jahre lang war das „Austrian Battalion“mit zuletzt 378 Mann auf den Golanhöhen. Im Vorjahr entschied die Bundesregierung aufgrund des Bürgerkriegs in Syrien den Abzug. Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ): „Wir haben von der UNO schon damals Verbesserungen in Form eines robusteren Mandats, einer höheren Truppenstärke und einer besseren Ausrüstung gefordert. Da dem nicht nachgekommen wurde, wurden Konsequenzen gezogen.“
Die Entscheidung für den Abzug hat möglicherweise eine Katastrophe verhindert: Vor einerWoche eroberten syrische Rebellen den Übergang Kuneitra auf den Golanhöhen und brachten dabei mehr als 40 Blauhelm-Soldaten aus Fidschi in ihre Gewalt, die seitdem als Geiseln festgehalten werden. Zu der Entführung bekannte sich die islamistische Al-Nusra-Front.
Militärstratege Walter Feichtinger ist dennoch von der Sinnhaftigkeit der UNO-Mission auf den Golanhöhen überzeugt. Er befürchtet, ohne sie käme es zu einer Eskalation des Konflikts. „Israels Streitkräfte würden auf syrischesMilitär und islamistische Kräfte treffen.“