960.000 Österreicher können kaum lesen
Wenige Tage vor demWeltalphabetisierungstag am 8. September ruft der österreichische Fachverband der Buch- undMedienwirtschaft zu einer intensiveren Beschäftigung mit Büchern auf. Hintergrund dafür ist der Umstand, dass fast eine Million Österreicher nicht in ausreichendem Maße lesen und schreiben kann. Michael Kernstock, der Obmann des Fachverbands, bricht eine Lanze für die gute alte Kulturtechnik des Vorlesens: Dies sei maßgeblich, um schon im Kleinkindesalter die richtigen Grundsteine im Zuge der Leseentwicklung zu legen.
„Ich würde mir wünschen, dass es ein gemeinsames Vorgehen der Buchbranche und der Medien gäbe, um Hand in Hand eine Verbesserung der Lesefertigkeit und Lesekompetenz zu bewirken“, erklärt Michael Kernstock in einer Aussendung. Insbesondere das sinnerfassende Lesen bereite immer mehr Menschen Probleme und müsse wieder gelernt werden. Wie die an derUniversität Stavanger inNorwegen von Anne Mangen im Vorjahr durchgeführte PIAAC Studie (Programme for the International Assessment of Adult Competencies) gezeigt hat, bleibt beim Lesen von Texten am Bildschirm weniger hän- gen als beim Lesen von gedruckten Büchern. Grund dafür sei eine abstraktere Leseerfahrung auf elektronischen Geräten. Bereits mehrere Studien haben laut Michael Kernstock ergeben, dass Lernen unter der Zuhilfenahme elektronischer Mittel nicht die gleichen Erfolge hervorbringt wie der herkömmliche Weg. Laut PIAAC-Studie haben 960.000 Menschen in Österreich Schwierigkeiten beim Schreiben und Lesen.
Gegen eine neue Form der „Sprachlosigkeit“kämpft unter anderem die Aktion „Kinderärzte machen mobil: Vorlesen und Erzählen stärkt die Gesundheit!“. Die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) will gemeinsam mit dem steirischen Autor und Erzähler Folke Tegetthoff die verbale Kommunikation zwischen Eltern und Kindern fördern. Kinder- und Jugendärzte fungieren dabei als Vermittler, indem sie ihren Patienten beziehungsweise deren Eltern anspruchsvolle und altersgemäße „Geschichten schenken“. „Eltern müssen sich wieder mehr Zeit nehmen und Mut haben, eine Geschichte vorzulesen“, sagt Tegetthoff.