Rache der ehemaligen Première Dame
In einem Buch über ihr Leben mit Hollande präsentiert die frühere Gefährtin den französischen Präsidenten als gefühllosen Zyniker.
PARIS. Das hat François Hollande gerade noch gefehlt. EineWoche nach der Regierungskrise und der Kraftprobe mit dem linken Flügel seiner Partei erlebt Frankreichs Präsident jetzt auch noch eine persönliche Demontage. In einem Buch nimmt Valérie Trierweiler, seine frühere Gefährtin, ihre Revanche an dem Präsidenten, der sie Anfang dieses Jahres wegen der Affäre mit einer anderen verstieß. Unter dem bitteren Titel „Merci pour ce moment“(Danke für diesen Augenblick) gewährt sie Einblicke in ihr Leben an der Seite eines Mannes, der im Wahlkampf vollmundig versprach, „jederzeit ein Vorbild zu sein“, sich im Privatleben aber als „kalt, zynisch und berechnend“verhalte.
Staatsgeheimnisse verrät die Ex-Première-Dame nicht. Auch Skandale enthüllt sie keine. Aber was sie auf 320 Seiten aus den Privatgemächern an der Spitze des Staats auspackt, kommt, wie „LeMonde“urteilt, der „Ausstellung einer Sterbeurkunde“für den angeschlagenen Präsidenten gleich. Unter größter Geheimhaltung hat Trierweiler an der Abrechnung mit Hollande geschrieben. Gedruckt wurde das Buch aus Sicherheitsgründen in Deutschland. Als der Pariser Verlag Lattès amDonnerstagdie ersten 100.000 Exemplare in den Buchhandel brachte, wurde es sofort zum Renner.
Höhepunkt des Beziehungsdramas im Élysée-Palast war der 9. Jänner. Von einer Freundin hatte Trierweiler die Nachricht erhalten, dass das Magazin „Closer“in seiner nächsten Ausgabe Fotos von Hollande mit der Schauspielerin Julie Gayet bringen werde. Sie winkt zunächst ab. Gerüchte über eine Affäre zwischen den beiden hatte Hollande stets als „Nichtigkeiten“abgetan und sie hatte ihm geglaubt. Doch diesmal stellt sie ihn zur Rede. „Wer sagt dir das?“, wehrt Hollande ab. „Das ist nicht die Frage, sondern ob du dir etwas vorzuwerfen hast“, insistiert sie. „Nichts“, sei seine Antwort gewesen. Was dann passierte, beschreibt die Betrogene so: „Ich stürze ins Badezimmer, hole den Plastikbeutel mit den Schlaftabletten, François ist mir gefolgt, er versucht mir den Beutel zu entreißen, ich renne ins Schlafzimmer, der Beutel zerplatzt, die Pillen verstreuen sich auf dem Boden. Mir gelingt es, einige Tabletten zu schlucken. Ich will nur noch schlafen. Ich will die Stunden, die folgen, nicht erleben. Ich fühle den Sturm, der mich niederreißen wird, ich habe nicht die Kraft, Widerstand zu leisten.“
Zwei Wochen nach dem Selbstmordversuch, der als „Schwächeanfall“dargestellt wurde, teilte der Élysée-Palast mit, dass der Präsident die Beziehung zu Trierweiler beendet habe. An den 18 Worten der Erklärung, die Hollande der Nachrichtenagentur AFP dann höchstpersönlich diktierte, hatten damals drei Berater gefeilt.
Wie lang Hollande seine Gefährtin hinterging, war ihrwohl nie klar. Erst sollen es drei Monate gewesen sein, dann ein Jahr, dann noch länger, schreibt sie. ImSeptember 2012 habe er ihr die Heirat vorgeschlagen. Noch vor Weihnachten sollte sie gefeiert werden. Danach habe er den Vorschlag wieder zurückgenommen. „Julie Gayet war in sein Leben eingetreten.“
Die neun Jahre lange Beziehung zwischen Hollande und Trierweiler hatte nach derWahl 2012 erste Risse bekommen. Sie konnte Hollandes zweideutiges Verhältnis zu Ségolène Royal, seiner Ex-Partnerin undMutter ihrer vier gemeinsamen Kinder, nicht verwinden. An seiner Seite kam sie sich als „illegitim“vor. Ihr Büro im Élysée-Palast erreichte sie nur durch einen Nebeneingang, nie durch das Empfangsportal. Dem „first girlfriend“, wie die amerikanische Presse sie bei einem offiziellen Besuch in den USA vorstellte, habe Hollande die öffentliche Anerkennung versagt. Sie beschreibt ihn als Macho, der sie vor einem Dinner fragt: „Dauert es lang, so schön auszusehen?“Auf die Antwort „Ja, schon“sagt er: „Was anderes wird von dir nicht verlangt.“Stets habe er sie mit „Cosette“angeredet, dem Namen eines armseligen kleinen Mädchens aus Victor Hugos Roman „Les Mísérables“.
Politisches kommt in Trierweilers Abrechnung mit Hollande nicht vor. Aber manches Detail lässt ihn in einem Licht erscheinen, das selbst Gegner verblüfft. So spreche er von den Armen als den „Zahnlosen“, was er als „Ausdruck von Humor“verstehe. Er hänge „am Tropf der Medien“, studiere „wie süchtig“die Umfragen und mache stets andere für seine schlechte Popularität verantwortlich.
Die ersten Reaktionen auf das Buch sind geteilt – verlegenes Schweigen im Regierungslager, Unglauben in der Opposition, Spott im Internet. Dort kursiert eine Fotomontage, die einen mit zahnlosem Mund grinsenden Hollande zeigt – der Arme.