ImVerborgenen die Ruhe gefunden
Dem Blickfeld der heimischen Fans weitgehend entzogen, blühen Marko Arnautovic und Aleksandar Dragovic auf.
Über die Legionäre in der deutschen Bundesliga sind Fußballinteressierte in Österreich immer im Bilde. Anders ist das bei zweiNationalteamspielern, die es weiter weg verschlagen hat.
Wann hat man eigentlich zuletzt eine Skandalschlagzeile über Marko Arnautovic gelesen? Es ist genau ein Jahr her, und der Anlass war ein Umzugslaster, der vor dem Bremer Anwesen des österreichischen Fußballstars angeblich die Ausfahrt für seine Nachbarn verstellte – dem deutschen Boulevard war dieser Umstand eine großflächige Berichterstattung wert.
Mit der Übersiedlung aus der Hansestadt in die englische Fußballprovinz hat der 25-Jährige seit dem Herbst 2013 auch die störendenNebengeräusche hinter sich gelassen. Wer erwartet hatte, dass sich die englischen Massenblätter an seinen Fehltritten abseits des Platzes delektieren würden, wurde eines Besseren belehrt.
Ein Österreicher beim Mittelständler Stoke City ist in der mit schillernden Stars gut versorgten Premier League freilich auch nicht unbedingt ein Quotengarant. Aber Arnautovic lässt es tatsächlich mittlerweile auch zurückhaltender angehen. „Ich bin ruhiger, ich bin geduldiger“, sagte er im Vorfeld des ausverkauften EM-Qualifikationsspiels gegen Schweden (Montag, 20.45). „Ich gehe nichtmehr so viel aufDinge ein, bei denen ich früher explodiert bin.“
Der einstige „Bad Boy“, der mit Autospritztouren in rasendem Tempo, unliebsamen Begegnungen mit Ordnungshütern oder überheblichem Gehabe negativ auffiel, ist Vergangenheit. Eine wichtige Rolle dabei spielt seine Familie. „Man muss auch eine gewisse Verantwortung übernehmen“, gibt sich der gebürtigeWiener geläutert. „Ich habe jetzt ein Kind und kann mich nichtmehr so benehmen, wie ich mich vielleicht mit 18 oder 19 benommen habe. Das geht einfach nicht, das ist auch nicht der Fall. Ich bin froh, dass es so läuft, dass es gut läuft. Ich bin froh, dass ich jetzt so bin. Das ist ganz angenehm.“Tochter Emilia hat geschafft, woran Klassetrainer wie José Mourinho oder Thomas Schaaf gescheitert sind. Sie hat den wilden Burschen gezähmt. Stolz postet Arnautovic regelmäßig Fotos von sich und seiner Kleinen auf Facebook.
Sportlich lief es in der ersten Saison bei Stoke City hervorragend. Die „Potters“erreichten Rang neun, Marko Arnautovic leistete mit vier Toren und zehn Vorlagen einen wichtigen Beitrag. Prompt wurden die Gerüchte wieder laut, dass prominentere Clubs auf der Insel Interesse an einer Verpflichtung des Österreichers hätten. Der dementiert auch gar nicht, dass er Stoke noch nicht als höchste Station auf seinem Karriereweg sieht: „Natürlich will man ganz hoch hinaufkommen in der Premier League. Stoke ist ein gestandener Club, aber ich will noch höher hinaufkommen. Dafür gebe ich alles.“
Erfolge mit demNationalteamkönnen bei diesem Vorhaben nur förderlich sein. Gegen die Schweden hofft er auf einen guten Quali-Start, gibt aber auch zu bedenken: „Wenn wir das Spiel für uns entscheiden, wird wieder jeder sagen, wir gehen zur EURO. Wenn wir es nicht für uns entscheiden, dann wird jeder sagen, wir gehen nicht zur EURO. Das ist Schwachsinn.“
Aus demBlickfeld der heimischen Fußballszene entfernt hat sich auch Arnautovics Urlaubskumpel Aleksandar Dragovic. Dabei ist sein derzeitiger Arbeitsplatz täglich in den Schlagzeilen. Die brisante Lage in der Ukraine geht auch an den Spielern von Dynamo Kiew nicht spurlos vorüber. „Wir versuchen, uns auf unsere Arbeit zu konzentrieren“, sagt der 23-Jährige. „Das ist uns allen zuletzt aber immer schwerer gefallen.“Angst um die eigene Sicherheit habe er aber keine. Die Ungewissheit greift dennoch auch auf den Fußball über. Die Clubs aus der Ostukraine wie Schachtjor Donezk bestreiten ihre Heimspiele inzwischen imWesten des Landes.
Ein Wechsel zu einem Club in einem friedlicheren Land ist für Dragovic, dessen Vertrag noch bis 2018 läuft, derzeit kein aktuelles Thema: „Ich bin noch nie den einfachsten Weg gegangen.“Eine Einstellung, die ihm und dem Nationalteam in der bevorstehenden Qualifikation nur von Nutzen sein kann.