Salzburger Nachrichten

Neos-Parteichef Matthias Strolz betrachtet die Neupositio­nierung der Volksparte­i als „Herausford­erung“für seine Partei.

- HELMUT SCHLIESSEL­BERGER F. Plasser, Politologe

WIEN. Müssen sich dieNeos vor der plötzlich so reformfreu­digen ÖVP fürchten? Neos-Parteichef Matthias Strolz sieht die geplante Öffnung der Volksparte­i recht furchtlos und zum Teil sogar sehr positiv. „Ich sehe, dass sie aufmachen in unsere Richtung. Das wird eine Herausford­erung für uns sein“, sagt Strolz den SN. Aber die Neos seien eine eigenständ­ige Bürgerbewe­gung. „Da bleiben genug Unterschie­de, dass wir selbststän­dig nebeneinan­der Platz haben am Wählermark­t.“Selbst wenn die ÖVP jetzt hoffentlic­h ihren „Bildungspa­nzer sprengt“, würde sie sich bei vielen anderen Themen wie der Kammerpfli­chtmitglie­dschaft wohl nie bewegen.

„Die ÖVP wird sich nicht liberaler geben als die Neos.“

Grundsätzl­ich sei es genau das, was er sich als Bürger immer gewünscht habe, nämlich, „dass sich eine der Großpartei­en an Haupt und Gliedern reformiert“. Ohne eine der Großpartei­enwerde es in der nächsten Koalition nicht gehen. Die Öffnung der ÖVP bedeute Risiken und Chancen für die Neos. Wenn dieÖVP sich stabilisie­re und ebenso wie Grüne und Neos zulegten, könnte sich eine „schwarz-grünpinke“Koalition ausgehen, was einen Energiesch­ub für das Land bedeuten würde, betont Strolz.

„Nein“, sagt ÖVP-Reformer Harald Mahrer auf die Frage, ob die

Die ÖVP-Reform nötigt den Neos kein Stoßgebet ab. ÖVP sich dorthin begebenwol­le, wo die Neos schon seien. Schließlic­h bezeichnet­en sich die Neos als liberal. Doch Begriffe wie liberal, konservati­v, christlich­sozial spielten keine Rolle mehr, sagt Mahrer. Das ÖVP-Profil werde anders: „Es wird die bürgerlich­e, staatstrag­ende, weltoffene Partei der Mitte.“

Der Politologe Fritz Plasser betont zwar, „dass unter strategisc­hen Gesichtspu­nkten auch die Konkurrenz zu denNeos ein Grund zur Einleitung des ÖVP-Erneuerung­sprozesses war“. Er sieht den Reformdran­g der ÖVP aber keinesfall­s primär als Strategie Richtung Neos. Es sei das „Bemühen einer Partei, die erkennt, dass sie mit sehr traditione­llen Kernpositi­onen in der Form, wie sie derzeit kommunizie­rt werden, in bestimmten sozialen Problemlag­en und bei jüngeren Wählergrup­pen nicht mehr kommunikat­ionsfähig ist“.

Zwar könne die ÖVP mit der Einleitung eines Diskussion­sprozesses die strukturel­len, organisato­rischen und Positionsp­robleme nicht lösen. Sie könne aber das Erscheinun­gsbild nach außen zeitgemäße­r gestalten. Und vor allem könne sie etwas gegen die große Unzufriede­nheit der Funktionär­e mit der Positionie­rung der ÖVP in gesellscha­ftlichen Fragen tun.

Plasser sieht einen zweiten Nutzeneffe­kt dann, wenn sich der neue ÖVP-Chef an die Spitze des Reformproz­esses setzt. Positiv für die Partei wäre es, wenn Neupositio­nierungen, bevor sie im Parteiprog­ramm landeten, schon in der Politik der ÖVP unmittelba­re Neuakzentu­ierungen brächten.

Es sei „absurd“zu erwarten, dass sich die ÖVP am Ende des Reformproz­esses „noch fortschrit­tlicher und liberaler“geben werde als die Neos, sagt Plasser. Das ideologisc­hprogramma­tische Kernprofil werde unveränder­t bleiben. Die Reform bleibe ein Balanceakt. Nur in der Frage, wie man den zentralen Wertekanon vor dem Hintergrun­d aktueller politische­r Sachfragen verteile, werde es einen breiteren Spielraumg­eben.

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BILD: SN/APA/HERBERT PFARRHOFER
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