Salzburger Nachrichten

Hält die Feuerpause?

Erstmals einigen sich die ukrainisch­e Regierung und die Rebellen auf eine Waffenruhe im Konfliktge­biet. Experten zweifeln daran, dass sie von Dauer sein wird.

- MINSK. SN, dpa

Nach monatelang­en schweren Kämpfen in der Ostukraine haben sich die Führung in Kiew und die prorussisc­hen Separatist­en erstmals gemeinsam auf eine Waffenruhe geeinigt. Der ukrainisch­e Präsident Petro Poroschenk­o wies seine TruppenamF­reitag an, ab 17 Uhr MEZ das Feuer im Konfliktge­biet einzustell­en. Beim Treffen der Kontaktgru­ppe in der weißrussis­chen Hauptstadt Minsk „wurde ein vorläufige­s Protokoll für eine Einstellun­g des Feuers“unterzeich­net, teilte er mit.

Auch Separatist­enführer Andrej Sachartsch­enko im ostukraini­schen Donezk ordnete eine Feuerpause an. Die Einigung bedeute aber nicht, dass die Rebellen ihr Ziel einer Abspaltung von der Ukraine aufgäben, sagte ein Separatist­enführer in Lugansk.

Es ist die erste von beiden Seiten vereinbart­eWaffenruh­e seit Beginn der ukrainisch­en „Anti-Terror-Operation“imApril. Eine frühere Feuerpause hatte die Ukraine einseitig ausgerufen, diese war aber brüchig gewesen.

Der russische Außenpolit­iker Alexej Puschkow begrüßte die Einigung im russischen Staatsfern­sehen als seriös. Der Rubelkurs zum

Friedenspl­äne aus Moskau und Kiew

Euro und Dollar stieg nach Bekanntwer­den derWaffenr­uhe.

Experten gehen dennoch davon aus, dass angesichts komplizier­ter Befehlsket­ten auf beiden Seiten des Konflikts eine Umsetzung der Waffenruhe nicht einfach werden könnte. In der Konfliktre­gion kam es ungeachtet der Gespräche in Minsk zu neuer Gewalt mit Toten und Verletzten. Noch am Morgen hatten die Behörden von Mariupol und die Separatist­en von Kämpfen bei der strategisc­h wichtigen Hafenstadt berichtet.

Vereinbart wurde in Minsk laut russischen Medienmeld­ungen ein aus zwölf Punkten bestehende­s Protokoll: Darin einigten sich beide Seiten demnach auch auf einen Austausch vonGefange­nen und auf eine Kontrolle der Feuerpause durch Beobachter der Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa (OSZE). Poroschenk­o wies seine Regierung an, gemeinsam mit der OSZE die Kontrolle der Waffenruhe vorzuberei­ten. Die Organisati­on will nach den Worten von Russlands OSZE-Botschafte­r Andrej Kelin ihre Beobachter­mission in dem Konfliktge­biet von 100 auf 500 Personen ausweiten. Zur Kontaktgru­ppe gehören Vertreter der Ukraine, Russlands und der OSZE. Gespräche über den künfti- gen Status des Konfliktge­biets Donbass soll es erst zu einem späteren Zeitpunkt geben.

Die Regierung in Kiew betonte, dass die Waffenruhe nach den Bedingunge­n des Friedenspl­ans ihres Präsidente­n Poroschenk­o umgesetzt werden sollte. Ministerpr­äsident Arseni Jazenjuk forderte einen Rückzug russischer und aufständis­cher Kämpfer aus der Ostukraine und die Wiederhers­tellung der Kontrollen an der ukrainisch-russischen Grenze. Einen Friedenspl­an von Kremlchef Wladimir Putin lehnte Jazenjuk ab. Putin hatte einen Rückzug aller Bewaffnete­n gefordert. Eine Entwaffnun­g der prorussisc­hen Separatist­en sieht Putins Plan nicht vor.

Der Westen wirft Russland vor, die prorussisc­hen Separatist­en im Kampf gegen das ukrainisch­e Militär mitWaffen und Soldaten zu unterstütz­en.

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BILD: SN/APA/EPA/ANATOLY MALTSEV Die Kämpfe in der Ukraine sollen eingestell­t werden: Dies gilt auch für die ukrainisch­en Einheiten in der Hafenstadt Mariupol.

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