Die Ausländermaut wird zur Kabarettnummer
Der umstrittene Plan von CSU-Chef Horst Seehofer führt Tag für Tag mehr ins Chaos.
Für den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Horst Seehofer läuft es schon seit Längeremnicht mehr so gut. Bei der Europawahl hat die CSU alles andere als überzeugend abgeschnitten. Dann musste er seine Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU) wegen der Modellauto-Affäre zum freiwilligen Rücktritt verdonnern. Und bei alldem kommt sein Lieblingsprojekt, die Pkw-Maut – auch Ausländermaut genannt –, nicht von der Stelle. Im Gegenteil: Immer mehr aus der Schwesterpartei CDU legen sich quer. Schon 2009 wollte die CSU die Ausländermaut in den Koalitionsvertrag schreiben. In Bayern regt man sich nicht nur generell darüber auf, dass so vieleAusländer deutsche Autobahnen benutzen, während die Deutschen im Ausland abkassiert werden. Ein Ärgernis sind vor allem die Österreicher, die zur Abkürzung der Strecke Salzburg–Innsbruck die deutsche Autobahn kostenfrei befahren. Umgekehrt werden Deutsche ab dem Autobahngrenzübergang zur Kasse gebeten. Nachdem die CSU vor fünf Jahren mit der Maut noch gescheitert war, konnte sie vor einem Jahr einen Erfolg landen. Kanzlerin Angela Merkel hatte zwar noch im Wahlkampf versichert, dass es mit ihr keine Maut geben werde. Doch dann erinnerte sie sich an die KohlDoktrin, wonach Frieden mit der CSU immer wichtig sei, egal was für einUnsinn aus Bayern komme. Und Seehofer wiederholte stur, er werde keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem die Maut nicht drinstehe. Nun steht sie drin. Aber kommt sie auch? Denn die Ausländermaut soll nur Ausländer belasten und keine Deutschen. Zweitens
Schäuble feilt an Alternativkonzept
muss sie mit EU-Recht kompatibel sein. Das verbietet eineUngleichbehandlung von Ausländern. Und sie soll drittens Geld in die Kasse spülen. Noch ist völlig unklar, ob das von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vorgestellte Modell die Anforderungen erfüllen kann. Dobrindt will die Inländer über niedrigere Kfz-Steuern entlasten und alle Straßen mautpflichtig machen. Letztgenanntes hat Politiker sowohl der CSU als auch der CDU auf den Plan gerufen. Rufe nach Sonderregelungen für die bayerischen Grenzregionen wurden laut. Auch Nordrhein-Westfalen, BadenWürttemberg und Rheinland-Pfalz fürchten Einbußen bei Gastronomie und Gewerbe. Dieser Protest ist von besonderer Relevanz, weil er von den größten CDU-Landesverbänden kommt. Zu guter Letzt lässt Finanzminister Wolfgang Schäuble an einem Alternativkonzept arbeiten. Es würde aber auch Inländer belasten. Schäuble geht es um Geld für den Straßenbau. Eine deliziöse Kritik an Dobrindt kommt aus dem Saarland. Dort verläuft die Grenze zu Frankreich bei einigen Straßen in der Mitte der Fahrbahn. Deswegen kommt ein Franzose, der seine Verwandten in Frankreich besucht, auf der Rückfahrt automatisch auf deutsches Hoheitsgebiet und würde zumMautsünder.
Und nun haben sich auch noch die rot-grün geführten Bundesländer zu Wort gemeldet. Sie wollen die Dobrindt-Pläne überhaupt kippen und fordern lieber eine LkwMaut. Merkel aber sprach ein Machtwort: „Um es ganz klar zu sagen: Die Pkw-Maut steht im Koalitionsvertrag, und sie wird kommen.“CSU-Chef Seehofer schob etwas kleinlaut nach: „Wie dasamEnde ausgehen wird, für alle Straßen oder einen Teil der Straßen, das werden wir sehen.“