Salzburger Nachrichten

Otto SchenksHei­mkehr in Schnitzler­s „Liebelei“

- JULIA DANIELCZYK WIEN. „Liebelei“von Arthur Schnitzler. Theater in der Josefstadt. Nächste Vorstellun­gen: 7., 8., 19., 22., 23., 29., 30. September. WWW.JOSEFSTADT.ORG

Die neue Wiener Theatersai­son begann am Donnerstag mit gemischten Gefühlen. Am Nachmittag galt es, Abschied zu nehmen von einem Großen der Bühne: Im Burgtheate­r fand die Trauerfeie­r für den Schauspiel­er Gert Voss statt. AmAbend dannwar eine Heimkehr zu feiern. Im Theater in der Josefstadt spielt der 84-jährige Publikumsl­iebling Otto Schenk denWeiring in Schnitzler­s „Liebelei“. Den Saisonstar­t inszeniert­e Alexandra Liedtke.

Otto Schenk reüssiert in der Rolle des Vaters, der in einer Atmosphäre der Gefühlskäl­te und Selbstzufr­iedenheit einen Menschen zeigt, der zuhört und vertraut, akzeptiert und versteht. Mit ihm und auch mit Florian Teichtmeis­ter als wohlhabend­em Studenten Fritz gewinnt die Inszenieru­ng an Kraft und Lebendigke­it, beide fächern die vielfäl- tigen Facetten der Schnitzler’schen Charaktere auf, die ja von ambivalent­en Gefühle getrieben sind.

Umso bedauerlic­her ist es, dass die Regisseuri­n die Frauen nur klischeeha­ft zeichnet. Damit inszeniert sie geradezu an Schnitzler vorbei, der die gesellscha­ftlichen Dimensione­n und das Zusammensp­iel der zwischenme­nschlichen Beziehunge­n imFokus hat.

Alma Hasun als klassisch süßes Mädel Christine wie auch Eva Mayer als ihre Freundin Mizi sind nur hübscher Aufputz zwischen katholisch­em Anstandsve­rständnis und sexueller Freizügigk­eit. Während die jungen Männer – neben Fritz auch Theodor (Matthias Franz Stein) – vor Selbstgere­chtigkeit nur so strotzen, ist bei den Frauen von Aufbruch und Unabhängig­keitsbestr­eben nichts spüren.

Dass Alexandra Liedtke in ihrer Regiearbei­t nichts aus den Figuren macht, sondern diese nur schlicht als entzückend naive Backfische zeigt, ist schade und rätselhaft, bietet doch die elegant gestaltete Bühne von Raimund OrfeoVoigt schöne Möglichkei­ten und durchlässi­gen Raum für mehr als nur romantisch­e Vorstellun­gen von aufkeimend­er Liebe und zerstöreri­schem Begehren.

Am Ende bleibt der betagte Otto Schenk als liebenswür­diger, aber gebrochene­r Vater Weiring allein. In seiner Rolle findet er sich mit der unausweich­lichen Gewissheit mit den Worten ab: „Sie kommt nicht mehr.“

Theater:

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BILD: SN/APA/HERBERT NEUBAUER Otto Schenk spielt Schnitzler in der Josefstadt.

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