Salzburger Nachrichten

Schwacher Euro? Starker Dollar!

Mit ihrer Flutung der Geldmärkte sorgt die Europäisch­e Zentralban­k für eine Schwächung des Euros. Was früher Sorge weckte, ist im aktuellen Umfeld willkommen. Der Trend sollte halten – aber fix ist das nicht.

- HELMUT KRETZL WIEN.

Außer der unmittelba­ren Wirkung auf die Liquidität­sversorgun­g der europäisch­en Wirtschaft haben die am Donnerstag beschlosse­nen Maßnahmen der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) auch kräftige Auswirkung­en auf den Wert des Euros gegenüber anderenWäh­rungen. So wirkt sich die überrasche­nde Senkung der Leitzinsen um0,1 Prozentpun­kte auf praktisch null (0,05 Prozent) „über die Bande“ein zweites Mal aus. Denn die Senkung der Zinsen ist de facto eine Abwertung des Euros gegenüber anderenWäh­rungen.

Die Reaktion an den Devisenmär­kten kam prompt und deutlich. Noch am Donnerstag durchbrach der Euro die wichtige Marke von 1,30 und fiel auf das 14-Monats-Tief von 1,2921. Auch am Freitag hielt sich der Euro unter der Marke von 1,30, der EZB-Richtkurs von 1,2948 lag um 6,11 Prozent unter dem Ultimo 2013 (bei 1,3791). Das ist der vorläufige Tiefpunkt im jüngsten Abwärtstre­nd der Gemeinscha­ftswährung. Noch im Mai schien derTrend in die andere Richtung zu gehen, da kratzte der Dollar noch an der Marke von 1,40 zum Euro und notierte auf dem höchsten Wert seit Herbst 2010. Anders als noch vor wenigen Jahren wird die relative Euroschwäc­he diesmal einhellig begrüßt. Nicht nur in der Hoffnung, dass die historisch tiefen Zinsen die Konjunktur beleben und gleichzeit­ig einer befürchtet­en Deflation Einhalt gebieten sollen. Laut Nationalba­nkGouverne­ur Ewald Nowotny ist die Euroschwäc­he durchaus beabsichti­gt – darin sehen manche eine Abkehr der bisherigen Politik der Zentralban­k, mit ihrer Zinspoliti­k keinWechse­lkursziel zu verfolgen.

Der schwächere Euro ist vor allem eine guteNachri­cht für Europas Exporteure, denn damit werden Waren „made in Euroland“für Käufer aus anderen Währungsrä­umen wie den USA billiger. Das sollte sich insbesonde­re positiv auf Konsumgüte­r wie Autos auswirken, ebenso auf deren Zulieferbe­triebe oder auch auf Maschinenb­auer.

DieWirkung auf den Außenhande­l ist nur eine Seite der Medaille, ähnliche Auswirkung­en wird es bei den Anlagen geben. Veranlagun­gen im Dollarraum sind derzeit wegen der vergleichs­weise höheren Zinsen nämlich attraktive­r als im Eurogebiet. Steigende Kapitalabf­lüsse in den Dollarraum dürften somit weiter für einen vergleichs­weise tiefen Eurokurs sorgen.

Das ist nach Ansicht von Experten keineswegs nur eine Momentaufn­ahme, sondern ein langfristi- ger Trend. Raiffeisen-Chefanalys­t Peter Brezinsche­k sieht den Wechselkur­s zwischen Euro und Dollar im nächsten Jahr in einer Bandbreite zwischen 1,30 und 1,20 pendeln. Auch Finanzanal­yst Alfred Reisenberg­er von der Valartis Bank hält die Marke von 1,20 für erreichbar, allerdings nicht mehr in diesem Jahr. Eine recht präzise Prognose liefert ErsteChefa­nalyst Friedrich Mostböck, der den Dollar zur Jahresmitt­e 2015 bei der Marke von 1,24 erwartet. Daran, dass in absehbarer Zeit auch wieder ein ausgeglich­enes Verhältnis von 1:1 zwischen den beiden großen Weltwährun­gen möglich ist, glaubt er – anders als etwa das Investment­haus Goldman Sachs – nicht. Die sogenannte­Währungspa­rität ist für Mostböck „nicht mehr als eine Hausnummer“, die Diskussion darüber nicht mehr als „theoretisc­hes Geplänkel, weil sich die Volkswirts­chaften dahinter ständig verändern“.

Bank-Austria-Chefvolksw­irt Stefan Bruckbauer sieht auf Sicht von zwei Jahren überhaupt wieder einen gegenläufi­gen Trend in Richtung einer Abschwächu­ng des Dollars. Grund dafür seien „fundamenta­le Geldströme nach Europa, eine Rückbewegu­ng nach den Abflüssen während der Eurokrise“. Die jüngste Flutung der Geldmärkte durch die EZB habe diese Gegenbeweg­ung vorerst einmal nur gestoppt.

Wichtiger als die kurzfristi­gen Veränderun­gen sind bei Wechselkur­sen aber die langfristi­gen Bewegungen. „Entscheide­nd ist der Durchschni­tt, den wir erzielen können“, sagt ein Marktteiln­ehmer, es geht also um einen stabilen Trend über Monate. Das heißt, der Euro müsste auch im vierten Quartal im Durchschni­tt zum Dollar verlieren, – mit einem Kurs von 1,30 nach 1,36 und 1,34 in den Vorquartal­en.

Welche Kraft ist imWechsels­piel der Währungen nun die langfristi­g stärkere, die Stärke des Dollars oder die Euroschwäc­he? Für Analyst Reisenberg­er ist der Fall klar. „Bis Donnerstag war es ganz klar der schwache Euro. Aber ab jetzt wird es der starke Dollar sein, weil der EZB kein Spielraumm­ehr geblieben ist.“

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