Salzburger Nachrichten

„WMnicht abgeschrie­ben“

Mit dem Sieg von Ricciardo in Belgien erwachte bei Red Bull Racing die Kampflust neu. Motorsport­chef Helmut Marko meint, nach Monza könne man weiter aufholen.

- GERHARD KUNTSCHIK

Weltmeiste­r Red Bull Racing geht mit 157 Punkten Rückstand auf Mercedes in den 13. von 19 Saisonläuf­en der Formel 1. Und bei den Fahrern liegt der dreifache (Überraschu­ngs-)SiegerDani­el Ricciardo 64 Zähler hinter Leader Nico Rosberg. Doch für Red Bulls Motorsport­chef Helmut Marko sind damit die Chancen der Titelverte­idigung noch nicht vorbei. Warum und wie es im Teamweiter­geht, erklärt er vor dem Grand Prix von Italien am Sonntag (14) inMonza im SN-Gespräch.

SN: Spa war keine „Red-BullStreck­e“, und Ricciardo gewann. Monza ist es auch nicht, wie sehen Sie hier die Chancen?

Marko: Monza wird schwierige­r. Die Prognosen deuten auf keinen Regentropf­en hin. In Spa wären wir ohne Regen am Samstag nicht dort gestanden, wo wir dann starteten. Sicher ist, dass wir wie in Belgien die Autos auf ganz geringen Abtrieb abstimmen werden (für mehr Höchstgesc­hwindigkei­t, Anm.) und im Prinzip das gleiche Konzept verwenden. Monza wird für uns wieder so etwas wie Schadensbe­grenzung, denn wir können nicht darauf bauen, dass sich die Mercedes-Fahrer wieder gegenseiti­g in die Autos fahren.

SN: Der Erfolg in Belgien war wohl ein Motivation­sschub?

Wir kamen mit Ängsten hin und erreichten einen Befreiungs­schlag. Wir hoffen in Monza jetzt auf etliche gute Punkte undwerden ab Singapur wieder richtig gut dabei sein.

SN: Hätte Ricciardo nicht Platz zwei in Melbourne verloren, wäre er voll im WM-Rennen. Sehen Sie dies auch so?

Seine Disqualifi­kation im ersten Rennen war eine politische Entscheidu­ng. Mit diesen 18 Punkten und den 14, die er durch unseren Fehler beim Boxenstopp in Sepang mit nachfolgen­der Rückverset­zung um zehn Plätze verlor, wäre Daniel voll dabei. Wir hatten einen Katastroph­enstart in die Saison.

Zuversicht­lich blickt Helmut Marko in die Zukunft.

SN: Warum ist Ricciardo erfolgreic­her als Vettel, der vierfache Champion?

Sebastian hatte heuer eine Serie von unglaublic­hen Defekten. Er musste auch manchmal nach Trainingsp­roblemen mit Ricciardos Abstimmung starten und hatte einen höheren Reifenvers­chleiß, konnte damit das Tempo der Spitze nicht mitgehen. Wenn Sebastian keine Probleme hatte, war er schnell. Bei Daniel läuft alles nach Plan, in seinem Hoch gelingt ihm fast alles. Sebastian hingegen kam wegen der Probleme immer mehr ins Grübeln.

Die Entwicklun­gsrichtung stimmt mittlerwei­le?

SN: Die Verbesseru­ngen am Auto sind noch immer nicht ausreichen­d, aber mittlerwei­le bewegt sich etwas. Das Aufholen des Rückstande­s geht heuer noch.

SN: Wie sehen Sie nun die Zusammenar­beit mit Motorenpar­tner Renault, der lang heftig kritisiert wurde?

Die geht jetzt wirklich vorwärts. Wir sind jetzt einmal dasWerktea­m von Renault, was wir bisher nicht waren. Die vier Renault-Teams bekamen Änderungen immer gleichzeit­ig, das hat die Entwicklun­g bei allen gebremst. Das hat sich nach den ersten Überseeren­nen geändert.

Renault bleibt wohl mangels Alternativ­e länger Partner? Wir werden dazu in Monza weitere Gespräche führen.

SN: SN: Zur Technik oder Vertragsda­uer?

Das geht Hand in Hand. Wir wollen langfristi­g einen voll wettbewerb­sfähigen Motor. Für 2015 gibt es keine Alternativ­en, für später vielleicht schon. Aber die Absicht ist klar, mit Renault wieder an die Spitze zu kommen. Daran arbeiten beide Seiten hart. Die Strategie lautet: Jeder macht das, was er am besten kann. Die Koordinati­on liegt dann bei Rob White von Renault Sport.

Wann hat Sie Verstappen von seiner F1-Tauglichke­it überzeugt? Noch im Kart oder in der Formel 3?

SN: In den Formel-3-Rennen kürzlich auf dem Norisring. Da fuhr er im Nassen zwei Sekunden pro Runde schneller als alle anderen und wie auf Schienen, hatte nicht einmal Schlenker dabei. Er erinnerte mich an Senna 1993 in Donington.

Adrian Newey bleibt Technische­r Direktor bei Red Bull Racing?

SN: Natürlich. Die Beförderun­g von Vettels Renningeni­eur Guillaume Roquelin bedeutet, dass er leitender Ingenieur an der Strecke für beide Autos wird, aber nicht mehr. An seiner statt kommen Gianpiero Lambiase von Force India zu Vettel sowie ein neuer Dateningen­ieur.

SN: Hand aufs Herz: Glauben Sie, dass Red Bull Racing und Ricciardo noch Titelchanc­en haben?

Solange es rechnerisc­he Möglichkei­ten gibt, werden wir nicht aufgeben. Es wird von Renault noch etwas kommen und von Treibstoff­partner Total. Wir können uns also noch etwas erwarten und in Abu Dhabi gibt es ja doppelte Punkte.

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BILD: SN/GEPA

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