Das Geheimnis einer blauen Sporttasche
Die deutsche Bundesanwaltschaft ist überzeugt: Bonn und Leverkusen sollten Tatorte islamistischen Terrors werden. Montag Prozessbeginn.
Eine knallblaue Sporttasche stand um die Mittagszeit des 10. Dezembers 2012 auf Bahnsteig eins des Bonner Hauptbahnhofs. Herrenlos. Sprengstoffspezialisten der Polizei untersuchten die Nylontasche – und wurden fündig: Darin war ein Sprengsatz, allerdings fehlte der Zündmechanismus. Auf der Überwachungskamera eines nahen Schnellrestaurants war ein Mann zu sehen, der die Tasche trug. Die deutsche Bundesanwaltschaft ist überzeugt: Dies war ein weiterer Versuch, den islamistischen Terror nach Deutschland zu tragen.
Am kommenden Montag beginnt in Düsseldorf der Prozess gegen den 27-jährigen Marco G., einen zum Islam konvertierten Deutschen, gegen den Albaner Enea B. (44), den Deutschtürken Koray D. (25) und den Deutschen Tayfun S. (24). Prozessbeteiligte rechnen mit einem langwierigen Verfahren, das bis zu zwei Jahre dauern könnte.
Die Bombe auf dem Bonner Bahnhof soll Marco G. als Einzeltäter platziert haben – er muss sich wegen Mordversuchs ver- antworten. Laut Anklage hat er den Sprengsatz gebaut, nachdem er im Internet zuvor die Grundstoffe gefunden und bestellt hatte. Auch eine Bauanleitung habe man bei ihm entdeckt. Er habe die Tasche auch vor Gleis eins abgestellt.
Obwohl ein geeigneter Zündmechanismus fehlte – er soll „instabil“gewesen sein –, geht die Bundesanwaltschaft davon aus, dass es sich um keine Attrappe gehandelt hat: „Es gab die klare Absicht zu töten“, heißt es aus Ermittlerkreisen. Die Rohrbombe hätte in einemUmkreis von drei Metern die ahnungslosen Menschen umgebracht.
Zum Durchbruch bei den Ermitt- lungen zur Bombe war es in einem anderen Zusammenhang gekommen: Marco G. war im November 2011 aus Oldenburg nach Bonn gezogen und soll dort in die Salafistenszene eingetaucht sein. Diese empörte sich über das provokante Zeigen der Mohammed-Karikaturen durch Rechtsextremisten bei einem Aufmarsch. Die Islamistische Bewegung Usbekistan hatte in einem Internetvideo zum Mord an Mitgliedern dieser rechtsextremen Gruppe aufgerufen. Marco G. soll mit seinen Komplizen den Parteivorsitzenden der „Pro-NRW“im Mai 2012 ausspioniert und zwei Schusswaffen mit Schalldämpfer besorgt haben.
Als man die Verdächtigen in Leverkusen festnahm, kam es zu einem DNA-Abgleich mit den Bauteilen der Bombe vom Bonner Bahnhof: Und da entdeckte man am Rohr, in das der Sprengstoff gefüllt war, die DNA der kleinen Tochter von Marco G. AmWecker, der wohl als Zeitzünder hätte dienen sollen, fand man die DNA seiner Frau.
Mit Geständnissen könne die Bundesanwaltschaft allerdings nicht rechnen, heißt es im Vorfeld vonseiten der Verteidiger.