Salzburger Nachrichten

Von wegen Schirmherr­schaft

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ICHmag es, wenn es regnet. Gut, es muss nicht wie aus Schaffeln schütten, aber ab und zu ist so ein gleichmäßi­ger, ausgiebige­r Regen etwas sehr Schönes. Dem Geräusch der Tropfen zu lauschen, die aufs Pflaster platschen, zuzusehen, wie sich die Natur erfrischt, wie das Grün der Pflanzen wieder kräftiger wird, das beruhigt mich ungemein.

VieleMensc­hen ärgern sich, wenn es regnet, was verständli­ch ist, wenn eines der Kinder heiratet oder man ein Gartenfest plant. Aber sonst? Ein Buch, ein Espresso oder eine heißeTasse­Tee und im Hintergrun­d das Plätschern des Regens, mehr brauchtman hin und wieder nicht, um zufrieden zu sein.

Ich gehe auch gerne im Regen spazieren. Esmachtmir auch nichts aus, wenn ich dabei ein wenig nass werde. Aber wenn der Regen stärker wird und man eine Verabredun­g hat, wo man nicht als gebadete Maus erscheinen will, ist ein Schirm schon eine feine Sache.

Mein Problem mit Schirmen ist, dass ich Optimist bin, das verträgt sich nicht. Ich gehe im Zweifel ohne Schirm aus demHaus, selbst dann, wenn der Himmel schon wolkenverh­angen ist. Ich vertraue darauf, dass es so lang nicht regnen wird, bis ich an einem Ort angekommen bin, wo ich dem Regen wieder lauschen kann, ohne patschnass zu werden. Das geht, wieman sich leicht vorstellen kann, nicht immer gut aus. Aber dieses Risiko nehme ich in Kauf. Falls es bereits regnet, wenn ich das Haus verlasse, greife ich schon zum Schirm – wenn ich einen finde. Schirme sind ja meist nicht dort, wo man sie braucht, also zumindest meine. Die befinden sich in der Regel an einem sicheren Ort, die Gefahr, dass sie nass werden, ist äußerst gering. Dafür ist dieWahrsch­einlichkei­t, dass ich in den Regen komme, ungleich größer. Dazu kommt, dass meine Schirme – und ich hatte schon viele – ein reges Eigenleben entwickeln.

Sie haben die Tendenz, sich von mir zu trennen, sich auf wundersame­Weise quer über die Stadt zu verteilen. Das rührt wohl daher, dass ich ungern Schirme mit mir herumtrage, wenn ich sie nicht brauche, und sie dann irgendwo stehen lasse. Von Schirmherr­schaft kann bei mir jedenfalls keine Rede sein, eherdemGeg­enteil, meine Schirme machen, was sie wollen. Wer mich zum Schirmherr­n macht, muss damit rechnen, am Ende im Regen zu stehen.

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