Augenschmaus, Gaumenfreuden
Nur 207 Kilometer ab Porto bis zur spanischen Grenze und wieder retour.
Am Douro, im Tal des
Portweins, dauert eine Kreuzfahrt aber zumindest
eine Woche. Genuss zu Land und zu Wasser bedarf Zeit. Und manchmal fällt es schwer, das Schiff zu
verlassen.
So ruhig der Douro daliegt, so gemächlich spielt sich auch das Leben an Bord der „MS Fernao de Magalhaes“(„MS Magellan“) ab. Es läuft einem nichts davon – sofern man nur rechtzeitig an Bord ist, wenn der Kreuzer zur nächsten Station aufbricht. Im Entspannungsmodus am Bug des Schiffs im Fahrtwind oder schläfrig auf dem Sonnendeck verfolgt man das Vorbeiziehen der Landschaft, deren Spiegelung auf der glatten Oberfläche des Wassers. 207 Kilometer, so groß ist der Anteil Portugals am Rio Douro, von der Hafenstadt Porto bis Barea de Alva. Die restlichen 927 Kilometer des Flusses verlaufen als „Duero“auf spanischem Gebiet. Teils sanfte, teils schroffe Hügel und Bergkegel flankieren den Strom, ebenso Olivenhaine und scheinbar unendlich viele Weinberge, auf denen sich die Weinstöcke in Längs- und Querstreifen, dem Verlauf der Hügel entsprechend, auch im Zickzackmuster aneinanderreihen. Am Douro befindet sich schließlich, von der Grenze bis in die Gegend von Peso da Regua, das streng geregelte Anbaugebiet des Portweins, des mit Weindestillat versetzten Süßweins. Und die Weinregion „Alto Douro“ist nicht zuletzt ob ihrer Schönheit die älteste geschützte Weinbauregion der Welt und UNESCO-Welterbe.
Weinkellereien, Villen und Steinhäuser, Ruinen, kleine, teils verlassene Dörfer, Kapellen und Klöster sind zu sehen. Badende Menschen, Fischer, Wasservögel, Motorboote und Kanufahrer, Brücken und die immer wieder am Ufer auftauchende Eisenbahn, die die Kommandobrücke mit dem Schiffshorn begrüßt. Der Szenenwechsel erfolgt fließend. Ein lauschiger Abend mit einer Flasche Rotwein aus aus dem Dourotal an Deck im Mondlicht ersetzt das ohnedies bescheidene Nachtleben an den Anlagehäfen.
Für beinah abrupte Unterbrechungen sorgen die fünf Schleusen, eine davon, die von Carrapatelo, ist mit 36 Metern die höchste Europas. Gefährlich ist sie wohl nicht, die Crew ist geübt, ein Schauspiel ist es dennoch jedes Mal, wenn der Kreuzer mit dem Wasserpegel mit sinkt oder steigt. Die Passagiere fotografieren eifrig, kommentieren, beobachten. Und dann zurück zum Ruhepuls.
„Branco mit Tonic, Zitrone und Eis – ein herrlicher Aperitif. Der Ruby ist perfekt zu dunkler Schokolade. Der Tawny wird gern als Digestiv getrunken.“Diese Tipps haben wir bereits seit dem Besuch der Portweinkellerei in Nova de Gaia, am linken Ufer des Flusses von Porto, dankbar in unserem Getränkerepertoire aufgenommen. Über 60 Portwein-Kellereien – darunter berühmte Namen wie Ferreira, Sandeman oder Taylor’s – betreiben dort erfolgreich ihre Geschäfte. Die Typen White Port (aus weißen Trauben), Ruby Port („Rubin“) und Tawny Port (aus roten Trauben) sind die am häufigsten getrunkenen.
Porto, die Hafenstadt an der Mündung des Douro in den Atlantik, ist Ausgangspunkt der Reise und hätte doch zum Bleiben verlockt. Prächtig und heruntergekommen ist sie, mit bunt gefliesten Häuserfassaden, zum Teil beinahe übereinander geschachtelt in den engen Gassen und Straßen, die durch die hügelige Altstadt führen. Foz Velha heißt das historische Viertel direkt am Wasser mit Blick auf die ehemals für den Portwein-Transport benutzten Rabelo-Boote. Die Kathedrale von Porto, die Sé, die Kirche Igreja de Santo Ildefonso, der Börsenpalast Palácio da Bolsa oder das Jugendstil-Café Majestic, die Brücke Ponte Dom Luís – jedes Bauwerk für sich ein Prachtstück. So auch die Bahnhofshalle von São Bento mit den Wandgemälden aus Azulejos, die Motive aus dem Alltag, der Arbeit, Geschichte oder Religion abbilden.
Der Versuchung, seine Tage ausnahmslos, entspannend, auf dem dahingleitenden Schiff zu verbringen, muss widerstanden werden. Von Ferradosa geht es in die sogenannte Portwein-Straße, mitten ins Anbaugebiet, in Serpentinenstraßen hoch hinauf zur Verkostung von Portwein und mit Blick über die weitläufigen Weinterrassen. Der Aussichtspunkt Sao Salvador Do Mundo gewährt einen Blick auf den Staudamm von Valeira, wo sich gerade pünktlich die „Magellan“befindet, um „durchgeschleust“zu werden.
Das „Fischerdorf“am Berg, São João da Pesqueira, eine Kleinstadt mitten im Weinbaugebiet, vermeintlich abgeschieden, lädt aber mit historischen Prachtbauten und der Rua dos Gatos mit alten jüdischen Steinhäusern ein zum Erkunden. Ebenso zahlt sich der Besuch der Bischofsstadt Lamego aus, die mit einer Kathedrale aus dem zwölften Jahrhundert im Ort und der barocken und teils blau gekachelten Kirche Nossa Senhora dos Remédios, die über 700 Stufen (oder per Auto) erreichbar ist, überzeugt. Braga, immerhin „Portugiesisches Rom“genannt, trumpft mit über 30 Kirchen auf. Kirchen und so einige Plätze und Gässchen hat auch Vila Real zu bieten, beeindruckender ist allerdings das Schloss Mateus. 1745 erbaut ist das Anwesen nach wie vor von der adeligen Familie bewohnt. Barocke Fassade und Park, die imposanten Holzdecken und die Sammlung von kostbaren Schränken und Geschirr aus Asien und Europa lassen einen staunen.
(Fast) immer an Bord bleibt Ricardo Mendes. Seit acht Jahren arbeitet er auf dem Schiff. Als Zahlmeister fährt er etwa 40 Mal im Jahr den Douro auf und ab. Wird das auch mal langweilig? „Der Fluss ändert sich ständig, vor allem mit den Jahreszeiten. Im Frühling leuchten die Blumen in Gelb und Blau. Im Sommer sind es die grünen Weinberge. Ende August, September duftet es süß nach Weintrauben. Und im September, Oktober leuchten die Blätter rot. Die Berge sehen aus, als würden sie bluten.“Und was passiert bei einem Lotto-Jackpot? „Dann werde ich noch immer am Fluss arbeiten. Aber vielleicht auf meinem eigenen Schiff.“